Freitag, 12. Juli 2013

In den hohen Norden

Yellowstone Nationalpark - Kalispell - Glacier Nationalpark – Grenze USA-Kanada - Banff- und Jasper Nationalpark - Prince George - Ft. St. John - Ft. Nelson - Watson Lake - Whitehorse – Daw­son - Inuvik – Dawson
Kanada ist das zweitgrösste Land!
Und hat nur 5 Mal mehr Einwohner als die Schweiz
Die Distanzen sind erst einigermassen vorstellbar,
wenn man sie selber "erfahren" hat

Mittels des Tagebuches helfe ich meiner Erinnerung nach, was wir in den 14 Tagen seit dem letzten Blog alles erlebt haben: Unglaublich viel hat in solchen zwei Wochen Platz!
Nach dem Yellowstone Park hatten wir eine besonders lange Strecke vor uns, um unsere Ecuador-Bekanntschaft, Dorothea und Karl, zu treffen: Um 19°° Uhr wollen wir uns im 500 km entfernten Steakhaus treffen. Die Strassen über die unendlichen Grasflächen waren so gut, dass ich einen Schnitt von 83 km/h erreiche, obwohl der Tempomat nur auf 85 eingestellt ist.
Da muss sich ein Schweizer Landwirt wie ein Milchbube vorkommen

Den Wilden Westen gibts offenbar noch!





Zusammen fahren wir dann über „den schönsten Pass der USA“ im Glacier Nationalpark. Der Pass vermag zwar Grimsel, Furka, Oberalp und Konsorte kaum das Wasser reichen, aber wir genossen die Murmeltiere und das Verbot für riesige Wohnmobile und Anhänger. Ja, die Neigung der Nord­amerikaner für Superlative verfolgt uns Touristen. Für jeden noch so bescheidenen Ort finden sie eine „world famous“ Attraktion. Der „schiefste“ Schopf, der „komplett und ausschliesslich“ aus Tannenholz gebaut ist und das „östlichste“ unbewohnte Gebäude des Staates ist, hat vielleicht ein­mal dem „most wanted outlaw“ Jimmy als Versteck gedient.
"Matterhorn" im Glacier Nationalpark
Die nördlichste Landgrenze - auch das ist ein Rekord















Kanada empfängt uns gemäss seinem Ruf: Es erscheint uns praktisch unbesiedelt und mit endlosen Waldgebieten bedeckt. Trotzdem spricht uns der Käru aus Bern an. Er betreibt zusammen mit seiner Käthi seit vielen Jahren ein kleines Motel. Und bald finden wir uns in deren Küche beim Jassen wieder.
Kanada, wie es sich Klein-Fritzli vorstellt

Alle Kanada-Touristen besuchen die riesigen Nationalparks Banff und Jasper. So treffen wir dort meine Nichte und ihren Mann auf deren Hochzeitsreise. Da wir sie nicht an ihrem Fest beglückwün­schen konnten, holen wir das bei einem gediegenen Nachtessen nach. Zwei kleinere gemeinsame Wanderungen am Folgetag helfen, die genossenen Kalorien zu vernichten.
Lorenz, Nichte Helen (und zwei weitere Gestalten)
Wir wollen nordwärts! Die unsagbaren Distanzen auf dem Alaska-Highway muss man buchstäblich erfahren, um einen Begriff zu bekommen, wie gross das zweitgrösste Land ist (an 1. Stelle ist Russland). Wir fahren auf perfekten und leeren Strassen durch unendliche Wälder und sehen gewal­tige Sägereien, durchqueren alle paar hundert Kilometer ein gesichtsloses Städtchen und versuchen in diesen erfolglos, endlich die obligatorische Haftpflichtversicherung abzuschliessen. Sporadisch treffen wir uns mit Karl und Dorothea und veranstalten ein Lagerfeuer mit viel Fleisch, umgeben von Hunderten von Quadratkilometern Wald. Wir sehen Grizzlys und Schwarzbären, Wildpferde und Hirsche, Hasen und Nerze, Füchslein und Berggeissen. Die Elche sind leider weniger zeige­freudig.
Dieses Bild findest Du auch im Lexikon unter dem Stichwort "Unendlich gross"

Wer schaut wen an?

Kein Hundeli, sondern ein prächtiger Kojote

Der Dempster Highway soll uns weit über den Polarkreis führen, 700 km nordwärts durch Per­mafrostgebiet. Ich zitiere aus einer Visitor-Center-Broschüre: „Der Dempster ist für einige Leute eine Herausforderung, für die meisten Leute aber der Nervenkitzel des Lebens“. Das tönt gut und wir beschliessen, zusammen mit Dorothea und Karl zu fahren, d.h. mindestens alle 100 km aufein­ander zu warten.
Richtung Nord auf dem Dempster Highway

Chäibe gäil

Wie war es? Die ungeteerte Piste liegt auf einem ein bis zwei Meter hohen Geröllbett, um zu isolie­ren und den Permafrost auch im Sommer vor dem Schmelzen zu schützen. Auf dem Geröll liegt eine genügend dicke Kies- und Sandschicht, die perfekt glattgewalzt wurde. Das erlaubt jedem Fahrzeug, fast wie auf einer Autobahn darüberzublochen. Da das vor allem die grossen Lastzüge tun und dabei einen Steinregen produzieren, muss die grösste Herausforderung die Windschutzscheibe bestehen. Und bei 80 km /h entlocken die Steinchen nicht wenigen Pneus den letzten Hauch. Für uns im bequemen Auto waren die 2 Mal 700 km aber nicht eine Herausforderung, sondern eine Ge­nussfahrt: Die Überquerung des Polarkreises ist auch emotional ein Erlebnis. Die immer kleiner werdenden Tannli stehen zeitweise in alle Richtungen schräg, weil der aufgetaute Permafrostboden ganz leicht fliesst. Überall liegt Sumpfwasser, denn wo soll das Tauwasser hin, wenn in 30 cm Tiefe hartgefrorener Boden ist? In einem eisigen Tümpel grast eine Elchdame das Moos aus dem schlam­migen Boden. Bei 24 h Sonnenlicht wachsen Blumen um die Wette und präsentieren sich inmitten von unwirklich grünem Gras in fantastischem Licht.

Genau Mitternacht
Windstill im hohen Norden, in Patagonien haben wir das nie eerlebt
Zuerst kam ich mir vor wie ein kleiner Bub: Ich musste bei Sonnenschein ins Bett und stand „erst“ bei Sonnenschein wieder auf. Da wir jegliches Zeitgefühl verloren, wechselten wir auf den Müdig­keitsrhythmus. Und wahrhaftig: Abends um 22 h losfahren und um 2 Uhr eine Znüni-Pause machen verstärkt das Freiheitsgefühl beträchtlich.
Bei all den herrlichen Nachtplätzen leisteten uns zuverlässig die Mücken Gesellschaft. Es gelang mir nicht ganz, mit diesem Teil der Schöpfung Frieden zu schliessen. Was eine richtige Mücke ist, sticht auch durch Jeans, und durch Spray lässt sich eine kanadische Mücke nicht sonderlich beein­drucken. Ein tüchtig qualmendes Lagerfeuer vertreibt diese Tierchen wohl, allerdings auch mich. Und dann gibts noch die hochnervösen Brummer-Bremsen in amerikanischer XXL-Grösse, die sich gegen das Totschlagen dadurch wehren, indem ihr plattgeschlagener Körper ziemliche Ekelgefühle hervorruft.
Die Mücken siehst Du nicht, aber wir spüren sie.
Humor ist, wenn man trotzdem lacht
Weil der Dempster Highway eine Stichstrasse ist, mussten durften wir die 700 km wieder zurück­fahren. Drei von Karls Pneus genügten der „Herausforderung des Lebens“ nicht, aber wir vier Rei­senden sind uns einig, dass bei der Wortwahl im Prospekt einmal mehr die amerikanische Rekord-i­tis hinhalten musste.

Herzliche Grüsse!

Lukas und Brigitte
Zuerst dusche ich!










3 Kommentare:

  1. Ein Kojote! Wow!
    Ihr seid überhaupt extrem nah an die Viecher herangekommen, beim Be-Hörnchen geht das ja noch aber beim Fuchs und Bär wärs mir nicht mehr ganz so gschmuch gewesen auf die paar Meter Abstand. Oder könnt ihr einfach gut zoomen?

    Jetzt seid ihr ja schon fast in Alaska!

    Und: so schön die Fotos auch sind, ich finde es gut dass ihr den Permafrost habt und wir hier endlich einfach Sommer ;-)

    Isabelle

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  2. Vielen Dank für die tollen Bilder. Ich bin jedesmal froh, wenn ich wieder etwas im Blog lesen darf und somit auch weiss, dass es euch gut geht. (Mückenstiche ausgeschlossen) aber man kann ja auch nicht alles haben.!¨Bei uns ist es nun endlich Sommer und herrlich schön warm!
    Liebe Grüsse Rita und Peter

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  3. Bernadette und Godi16. Juli 2013 um 17:39

    Hallo Ihr Lieben ,

    Möchte mich wiedermal herzlich bedanken für eure Berichte und die wunderschönen Fotos!
    Einfach toll und einmalige Erlebnisse , was ihr alles geniessen könnt
    Oft denken wir an den Tag zurück wo wir uns in Kalifornien getroffen haben, es war wunderschön !!
    Passt gut auf euch auf! Wir wünschen euch weiterhin eine mit vielen Erlebnissen bestückte Fahrt
    Liebe Grüsse
    Bernadette und Godi

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