Montag, 12. November 2012

Adios Ecuador, viva Colombia


Otavalo – Laguna Cuicocha – Nationalpark El Angel – Tulcán – Ipiales – Pasto – Po­payan – San Agustin






















Nach einigen erholsamen Tagen in Otavalo freuen wir uns wieder auf mehr Natur, auf Wandern und Berge. Dafür genau richtig ist für uns die Laguna Cuicocha mit den beiden Inseln in der Mitte, bewacht vom Vulkan Cotocachi. Die 14 km lange Krater­rand-Wanderung bietet nicht nur steile (und zwar ecuador-steile) Auf- und Abstiege, auch Orchideen und viele andere Blumen säumen den Weg. Das abendliche Bier ist wohl verdient. Den müden Knochen gönnen wir gern eine Erholung in einem nahe gelegenen Thermalbad.

Auf dem Kraterrand geht's stetig aufwärts












Aber für diese Aussicht tun wir schon was!















Wir meinen, dass die Strecke zum nächsten Nationalpark gar nicht so weit ist – aber den Weg zu finden ist sowohl für das GPS als auch für uns eine Knacknuss. Plötzlich fühlen wir uns in Afrika: die Bewohner der kleinen Dörfer sind durchwegs Schwarze, die Frauen haben weitestausladende Hinterteile, welche in afrikanisches Tuch gewi­ckelt sind, Kinder winken uns johlend zu und wollen Kontakt, ein Bus ist übervoll mit Schulkindern – sie stehen auch auf der Stossstange, auf dem Trittbrett, hängen zu den Fenstern hinaus. Die ganze Szenerie wirkt fröhlich, überraschend frisch und fremd.  Ich frage nach dem Weg, verstehe aber die Antwort nur andeutungsweise; der Akzent ist mir zu fremd, und: spricht die Frau wirklich spanisch? Unser Reisebuch klärt uns auf: Hier leben Nachfahren der von den Spaniern importierten afrikanische Sklaven.
Die Piste ist schlecht, wir haben keine Ahnung, wo wir sind. Erst nach mehrstündiger Fahrt kom­men wir zum Eingang des Nationalparkes El Angel und fahren zur Laguna El Volade­ro. Das Merzli brummt geduldig die steilen und ruppigen Rampen hinauf. Hocherfreut über das Finden der blütenbestückten und drei Meter hohen Frailejones in biblischer Anzahl kommen unsere Kameras zum tüchtigen Einsatz.
Bis zu 5 Meter hoch werden
die strammen Kerle
Wir dürfen neben dem Haus des Parkaufsehers schlafen. Der etwa 3 km lange Rund­gang durch die herrliche Pflanzenwelt zu den Lagunen ersetzt unser Frühturnen und ist auch Kreislauftraining. Steil (was sonst?) geht’s hinauf zum Aussichtspunkt. Eine prächtige Aussicht bei immer besser werdendem Wetter ist der Lohn. Der Parkwäch­ter sagt, die weiterführende Strasse sei gut und führe direkt zur Grenzstadt Tulcán. Schlechter als bis hierhin kann die Piste ja nicht werden, denken wir. Aber sie wird! Während der langen, holprigen Fahrt erinnern uns die vielen dreimeterhohen „Schleckstängel“ an die Puya Raimonii in Peru.
Puya clava-herculis (Puya)
Der Friedhof in Tulcán ist ein spezieller Ort. Unser Reiseführer meint „ein Ort, der zum Sterben einlädt“. In die Büsche und Hecken sind die vielfältigsten Figuren ge­schnitten. Dazwischen stehen Engel- und Maria-Skultpuren in Bronze.

Friedhof von Tulcan
Ruckzuck: Schon liegt der Grenzübertritt nach Kolumbien hinter uns. Die entspannte Stimmung, die zuvorkommende, korrekte und rasche Bedienung haut uns aus den So­cken. Wir brauchen kaum eine Stunde, um aus Ecuador aus und nach Kolumbien einzurei­sen. Gigantische Lkws, bunte steinalte Busse und deren - gelinde ausgedrückt - rassi­ge Fahrweise fallen uns sofort auf.

Mit dem Einstieg rechts spart man den Mittelgang;
jede Bankreihe hat ihren Einstieg
In der Grenzstadt Ipiales wollen wir eine Au­to-Haftpflichtversicherung abschliessen. Schneller gesagt als getan! Die Dame hat viel Probleme damit: Das im PC befindliche Formular kennt keine Camper und schon gar nicht eine so exotische Nummer, wie wir Schweizer haben. Ein Töffkurier rast nun zwischen unserer und der Hauptagentur hin und her. Nach zweieinhalb Stunden ist das Formular fertig ausgedruckt: Aber – die Chassis-Nr. stimmt nicht! Mer macheds nomol – nun hat die Dame ja Übung und es geht nur noch eine weitere Stunde, bis wir mit einer dreimonatigen Versicherungsvignette an der Windschutzscheibe losfahren können.
Was Lourdes für Frankreich und Europa, ist Las Lajas in Kolumbien und Südamerika. Die Kirche wurde über einer Schlucht gebaut, wo einst eine Mutter mit ihrem taub­stummen Kind eine Marienerscheinung erlebte. Das Kind konnte anschliessend  spre­chen und hören. Menschenströme besuchen täglich die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhun­derts erbaute Kathedrale, unzählige Dankestafeln für erfolgte Hilfe säumen den Weg in die Schlucht. Vom Lollipop über Rosenkränze, Heiligenbildern, Marien- Skultpuren, Kinderspiel­zeug und lastwagenweise Kitsch wird an den Kiosken alles zu verkaufen versucht. Aber wozu sind denn die vielen Kanister? Man kann sie bei einem wasserspendenden Engel füllen und dann nach Hause mitnehmen.

Die Kathedrale von Las Lajas
Im Nationalpark El Azufral werden wir beim Refugio von einer illustren Reise­gruppe interviewt. Sie wollen Fotos von sich zusammen mit den dos Suizos (so müssen sich die Affen im Zoo fühlen) – einmal mehr ist der Grössenunterschied von mir zu anderen Frauen ein Thema. Wir werden bewirtet und verwöhnt. Alle wollen das Merzli schauen; Lukas veranstaltet einen Tag der offenen Tür. Die Frauen sind begeistert von der Küche, die Männer vom Allradge­triebe.
Nachdem es die ganze Nacht regnete und die Temperatur einmal mehr auf 3° runterrutschte, machen wir uns schon zeitig bei zweifelhaftem Wet­ter auf zur Laguna Verde und dem Vulkan Azufral (= Schwefelvulkan). Durch eine moosige, artenreiche Vegetation wandern wir auf über 4000 m zur Laguna Verde, welche ihrem Namen absolut gerecht wird. Der Vulkan selbst besteht aus einem „Hügel“ mit stinkend-rauchenden Schwefellöchern. So einfach lässt sich sonst kein Vulkan besteigen.

Über der Laguna Verde; das Hügeli
hinter uns ist der Vulkan Azufral

Laguna Verde
Die nächste Lagune (Laguna del la Cocha) bietet auch eine mit Primärwald bewachsene Insel. Ein herrlicher Spaziergang führt uns durch den prächtigen, mit Bromelien überwachsenen Wald. Am Ufer der Lagune herrscht der Holzchalet-Stil. Fast in jedem Haus werden Forellen in al­len Variationen angeboten. Wir lassen es uns schmecken.

Bei Forelle und Bier hat man gut lachen

Die grossen Bäume sind voller Bromelien und Flechten

Bis jetzt erlebten wir überall in Kolumbien die Menschen als äusserst zuvorkommend, hilfsbereit, offen und fröhlich. In den Städten beherrschen noch mehr als in den bisherigen Ländern die Kleider- und Schuhgeschäfte die Einkaufsmeilen. Neu kommen Lingeriege­schäfte dazu. Mit Busen und Po vergrössernden, betonenden und formenden Korsetts stol­zieren die Frauen hüftschwingend daher. Nirgends war bis jetzt das äussere Er­scheinungsbild so wichtig wie hier. So wundert es uns nicht, dass die Chauffeure auf die Hupe drückend an den Weibchen vorbei fahren und diese die männliche Aufmerksamkeit offenbar geniessen.

Lange wer-weissen wir, ob wir die Fahrt über die Berge von Popayan nach San Agustin wagen können. Die auskunftgebenden Polizisten sind sich überhaupt nicht einig; der ranghöchste – er scheint uns ziemlich seriös und kompetent – meint „viel zu gefährlich, Guerillas, ein Umweg von einigen hundert Kilometern ist unumgänglich“; die Touristenpolizei: „Kein Problem, aber nicht nachts fahren“; die junge Dame auf dem Touristenbüro: „Die Strasse ist in schlechtestem Zustand, kaum befahrbar“. Zwei weitere Polizisten an einem Kontroll­posten schauen sich gegenseitig an und tun so, als ob die Frage idiotisch wäre und geben uns eine klar ablehnende Antwort: „Zu gefährlich“. Jetzt verlassen wir uns auf den Reisebericht von Walter und Regine, die diese Strecke vor einigen Wochen gefahren sind und bloss die Schönheit der Strecke beschrieben, ohne irgendeine Gefahr zu erwähnen. Und wir fahren: Wir werden nicht überfallen, ge­niessen die wunderschöne Vegetation und wundern uns über die meist ordentliche Pis­te. Bereits am frühen Nachmittag erreichen wir San Agustin und geniessen auf dem Campingplatz die Ruhe und Wärme.
San Agustin ist bekannt wegen den ärcheologischen Fundstätten. Es hat zu Hauf Stelen, Skulpturen und Gräber aus Zeiten von 4000 v.Chr. bis 1500 n.Chr. Hoch zu Ross (für mich die Premiere in meinem Leben!) geht’s vier Stunden von einer Ausgrabung zur nächsten. Gut, dass wir zwischendurch vom Pferd steigen können – die Entlastung meiner Knochen ist willkommen.

Schöner Ausritt; als Premiere war's ein bisschen
viel, aber der Genuss war hoch
Eine Jeeptour führt uns am nächsten Tag noch zu weiteren (Kult)Stätten. Die Skulpturen schauen mit ihren furchterregenden Zähnen teils grimmig drein. Er­staunlich sind die Dimensionen der Gräber, hatten diese Kulturen doch kaum Werk­zeug zu deren Aushebung. Aber mindestens ebenso wie die Skulpturen erstaunt uns die Tatsache, dass bei der Fahrweise des Uralt-Jeeps dieser nicht auseinanderfällt und kein Unfall passiert...

Ob da das Kind in seinem
Arm geopfert wird?
Nach einigen Tagen in San Agostin werden wir nördwärts fahren. Wir freuen uns auf die Wüste Tata­co.

Herzliche Grüsse sind verbunden mit der Hoffnung, dass Ihr alle gesund seid und die Herbststürme hinter Euch habt.

Brigitte und Lukas






6 Kommentare:

  1. Etap wiehrt und dreht sich im Grabe um.
    regu

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  2. Hallo zusammen
    danke für den schönen Bericht. Ihr seid ja schon mutig! Ich finde es so schön, dass wir durch eure amüsanten Reiseberichte und die tollen Fotos auch einwenig teilhaben können. Ja, bei uns ist schon alles wieder auf Weihnachten eingestimmt und es glitzert und funkelt in allen Farben in den Geschäften. Der Hochnebel hockt über uns und wir hören im Radio, dass wir nur in die Berge müssen um den Sonnenschein zu geniessen. Bei Zeit und Gelegenheit werde ich das auch machen.
    Liebe Grüsse aus der Innerschweiz
    Rita

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  3. Und Dandy freuts, dass er gewonnen hat und möchte am liebsten gleich nochmals! hüüüh! schmatz Franziska

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  4. Ich hab's auch mal wieder auf Eure Seite geschafft - und ich staune ganz einfach!¨ Grüessli Astrid

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  5. Frau Jäiser wäre sehr zufrieden mit euch!

    Isabelle

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  6. Euri Siite isch eifach de Hammer! Ich wünsche Euch weiterhin gute Fahrt. En Gruess vom Appäzöller Marcel Killer

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