Freitag, 28. September 2012

Galápagos

Ab Cuenca mit Bus nach Guayaquil, mit Flugzeug nach Galàpagos, 
8 Tage auf dem Schiff und zurück nach Cuenca














Wir haben darüber nachgedacht, die Galápagos-Inseln auszulassen, nicht dorthin zu fahren, wo alle Touris hinreisen. Aber alle Reisenden warnten uns, diesen Fehler ja nicht zu machen. Also suchten und buchten wir eine last-minute-Tour, die uns statt viele tausend Franken „nur“ einige tausend Franken kostete. Ja, man gönnt sich ja sonst nichts...
Und wir haben jeden Tag, jede Stunde genossen! Damit erübrigt sich die Frage, ob es das Geld wert war. Die acht Tage, die wir auf einem Schiff verbrachten, das zwischen den rund 1000 km vom Festland entfernten Inseln kreuzte, sind eines der ganz grossen Erlebnisse unserer Reise – ganz gleich, was noch kommen mag.


                             


Die Galápagos sind eine Inselgruppe – siehe Karte. Jede dieser Inseln bietet ein anderes Landschaftsbild. Die Inseln sind vulkanisch mit eher karger bis sehr karger Vegetation. Und sie sind einer der letzten Erdflecken, die vom Menschen aufgespürt wurden. Doch heute pilgern bis zu 8000 Menschen jährlich dorthin. Die Schuld daran, dass diese Inselgruppe doch wesentlich bekannter ist als z. B. die Alëuten oder Nikobaren, trägt hauptsächlich der gute alte Charles Darwin. Vor 180 Jahren fand er hier die entscheidenden Indizien für seine Abstammungslehre, für die Betriebsgeheimnisse der Natur.


Weil die Inseln nie mit dem Festland zusammen hingen, also die Natur-Entwicklung ungestört ablaufen konnte und weil seit langer Zeit 99% der Insel Naturschutzgebiet sind, stehen sie auf der Rangliste der Naturwunder ganz weit oben und lassen jährlich bis zu 8000 Besucher auf die Inseln pilgern. Viele Tiere kennen kaum Feindbilder, wissen nicht, was das Wort Fluchtdistanz bedeutet. Das wirkt schlicht unnatürlich. Und diese völlig ungewohnte Zutraulichkeit lässt Brigitte und mich in Verzückung geraten. Endlich Tiere, die uns so gern zu haben scheinen wie wir sie! Und zudem sind sie nicht kamerascheu. Hier brauchen wir zum Fötelen kein gewaltiges Teleobjektiv, kein grosses Glück, nicht einmal viel Geduld. Hier werden auch wir Amateurfotografen zu „grossen Tierfotografen“.

















Vom Schlauchboot, das uns zum Katamaran bringt, muss zuerst ein Seelöwe heruntergebeten werden.



Auf dem Luxusschiff erhalten zufälligerweise wir die grosse Suite – wir reklamieren nicht. Wir zwölf Passagiere – ab Mitte Woche 15 – werden von zehn Crewmitgliedern verwöhnt. Dass unter den Reiseteilnehmern völlig zufällig die Fehraltorfer Catherine und Marco Bucher sind (Catherine war über 20 Jahre lang unsere unmittelbare Nachbarin), ist sicher auch eines der erstaunlichen Galápagos-Erlebnisse und hat uns sehr gefreut.



Was machen wir eine Woche lang auf dem Schiff? Nach dem Frühstücksbuffet geht's mit dem Schlauchboot zu einem Landspaziergang. Einmal beobachten wir eine Nestkolonie von endemischen Vögeln. Alle, auch Jungtiere pflegende Vögel, scheinen herausfinden zu wollen, ob die Tiere den Menschen oder die Menschen die Tiere länger betrachten können. (Der Mensch verliert stets). Ein anderes Mal begehen wir Vulkangelände, auf dem die Amerikaner die Mondlandung hätten filmen können. Erst ganz wenige Pionierpflanzen sind hier zu finden. Oder wir ergötzen uns herrlich ab den ach so müden und tolpatschigen Seehunden und können nicht aufhören, Fotos zu machen. An einem andern Tag staune ich über die Farbenvielfalt der Leguanen, Echsen und Krabben. Auf einer anderen Insel lässt sich ein Trockenwald auf Vulkanasche bestaunen. Ein halber Tag galt den riesigen Landschildkröten. Gemütlich schleichen sie über die Wiese, knabbern hier ein wenig Gras und dort ein paar Blätter und lassen es insgesamt sehr ruhig angehen. Kein Wunder, dass sie bei diesem Lebensstil bis zu 200 Jahre alt werden.





Um zehn Uhr kommen wir normalerweise mit dem Schlauchboot zurück zum Schiff, geniessen ein paar warme Häppchen und machen uns schnorchelbereit. Für mich ist das Schnorcheln das grösste: Ich schwimme lange Zeit synchron neben, dann über einer gewaltigen Wasserschildkröte und die Seelöwen haben offensichtlich einen Heidenspass, um den schnorchelnden Lukas herumzutauchen. Erst kurz vor der vermeintlichen Kollision drehen sie in irrwitzigem Tempo mit einem Looping weg. Fischschwärme, so dicht, dass das Wasser zwischen den Fischen knapp wird, ziehen unbeeindruckt vom Menschlein vorbei.
Leider hat das Wasser nur kuschelige 18 – 20°, aber wir tragen gute Anzüge. Und jeder, der aus dem Wasser steigt, hat ein glückliches Grinsen auf dem Gesicht: Ich habe soviel erlebt!


Physiognomie-Studie

Gegen 12 Uhr steht das Mittagsbuffet bereit. Wer von allem schöpfen will, muss kleine Portiönchen wählen.
Nach der Siesta auf dem Sonnendeck geht's meistens wieder los zum Schnorcheln, wieder raus zu den Fischlis, Haien, Rochen, Seeigeln und -sternen. Und nach dem Früchtehäppchen-Schmaus erwartet uns ein weiterer Landgang. Zweimal ersetzt diesen eine Schlauchbootfahrt durch einen Mangrovenwald.

Etwa eine halbe Stunde dauert nach der Happy-Hour das abendliche Briefing, wo wir über den kommenden Tag orientiert werden und unsere Fragen kompetent beantwortet werden. Das Znacht ist leicht und schmackhaft. Jedenfalls hätten am letzten Tag alle den Koch gern auch gleich eingepackt.

Jetzt sind wir wieder in Cuenca, am „arbeiten“: Die Anzahl Fotos von „Unendlich“ auf „sehr viele“ reduzieren, Tagebuch und Blog schreiben, Wasserpumpe reparieren, Weiterreise planen. Brigitte hat jeden Tag einen Zahnarzttermin, reisen ohne entzündete Zahnwurzel bietet immer noch genug Challenge. Und unsere Geburtstage müssen gefeiert werden!
Bereits auf dem Schiff feierten wir einen Jahrestag: Am 20. September waren wir ein Jahr unterwegs! Dass wir das ohne wesentliche Krankheiten, Unfälle, Pannen erleben durften, erfüllt uns mit grosser Dankbarkeit.


Catherine und Marco haben es ausgeplaudert, 
der Koch gebacken: One year travelling









Geburtstagsfeier im Cämperli mit Kerze und
Schwarzwäldertorte 



























Seid herzlich gegrüsst! Lukas und Brigitte 


    





Samstag, 8. September 2012

Adios Peru



a

Ayacucho – Huanuco – Huarez – Canon del Pato – 
Chimbote – Grenze - Cuenca

Nach Ayacucho folgen unruhige Kilometer: Steigungen, weites Ausholen bis zuhinterst ins Tal, bis dann eine kurze Brücke das Flüsslein kreuzt, der Taleinschnitt fertig ist und wir das ganze Tal wieder auf der anderen Flussseite zurückfahren. Ungläubig sehen wir jeweils hoch oben eine Strasse, die überhaupt nicht in die geplante Richtung führt. Ich: hoffend, dass wir nicht dort hinauf müssen, Lukas aufs Garmin schauend und wohl wissend, dass doch. Was auf der Strassenkarte als gerade Strecke gezeichnet ist, entpuppt sich in dieser Gegend als unaufhörliche Windungen, Steigungen und Engpässe. Immer wieder steigen wir auf unglaubliche Höhen zwischen 4700 und 4850 müM. Die schmale Strasse ist grossenteils asphaltiert, aber unterbrochen von gravierenden Schäden durch Erdrutsche und Erdbeben, gekennzeichnet mit  Hinweistafeln „Falla geologica“.


Immer wieder grosses Ausholen
Von der westwärts zum Pazifik führenden, bequemeren Route zweigen wir nordwärts ab. Trostlose Minen-Dörfer liegen an dieser Strecke, staubig, arm, baumlos, mit mürrisch dreinblickenden Menschen. Immer wieder wollen Minenarbeiter, welche eine 15-tägige Schicht hinter und einen 7-tägigen Urlaub vor sich haben, mit uns zur nächsten hässlichen Stadt fahren. Natürlich darf einer bei uns einsteigen. Wir nehmen das innen nun mit Teer verschmierte Auto, ein Aussteigen ohne Dank und Gruss mit Befremden zur Kenntnis.
Auf dieser kaum befahrenen Strecke werden wir noch einige Male um Hilfe gebeten: Ein LKW will  die Batterien mittels zwei Schraubenschlüsseln überbrücken, der nächste hat ebenfalls ein Batterieproblem, wieder einer hat sein Auto wegen einer kaputten Felge auf Steine aufgebockt. Autos und Maschinen werden gebraucht, bis nichts mehr geht. Wen wundert’s da, dass uns in der Mercedes-Werkstatt kollektives Unverständnis entgegenbrandet, wenn wir um einen Service an unserem noch rollenden Merzli bitten.

Restaurantbesuche sind oft Quellen von Überraschungen:

Wo wird bei uns der Teller mit so vielen Crevetten gefüllt?
Pommes Frites gehören immer dazu!
Milchkaffee: Eine Tasse warme Milch mit einem Kännchen Kaffeekonzentrat (sieht Maggi-Würze zum Verwechseln ähnlich). Kaffee: Heisses Wasser und das gleiche Konzentrat. Lukas lechzt nach Kaffee und wir bestellen diesen in einem guten Hotel in der Stadt: Auch hier gibt es nur Konzentrat-Kaffee. Aber der Fruchtsalat für 1 Fr. ist erstklassig. Ein Pisco Sour kostet 6 Fr. und um die Ecke bezahlen wir dem Strassenverkäufer für einen heissen, perfekt gebratenen Pouletspiess 1 Fr.  1 kg Bananen: Was ist das?  „Bananen für 30 Rp.“ wird hingegen verstanden. Kaufen wir Brot, kostet dieses immer 1 Soles (etwa 35 Rp.). Je nach Gegend und Verfassung des Verkäufers, bekommen wir dafür 6, 10 oder gar 12 Brötli. Hin und wieder bezahlen wir bestimmt einen Touristenbonus/malus, so richtig übers Ohr gehauen werden wir aber nie. Herrlich ist Frühstücken im Restaurant: wunderbare Omeletten mit Kräutern, Schinken, Zwiebeln, Fruchtsalat, Toasts, frische Fruchtsäfte. Das Frühstück „Suizo“ bietet weniger verschiedene Sachen, dafür ist der Preis höher. Das stimmt uns nachdenklich und wir nicken: im Ausland bezahlt man offenbar bereits für die Bezeichnung „Schweiz“ mehr.  Wir entscheiden uns fürs Frühstück de la casa und werden richtig verwöhnt!
Ein Promotion-Markt für landwirtschaftliche Produkte bietet frisch gebackene Forellen an, selbstverständlich essen alle von Hand; auf  Fleisch vom Sauenkopf verzichten wir und kaufen stattdessen Honig und Frischkäse.

Währschafte Brötli, gefüllt mit Schweinefleisch
Merzli-Zmorge





Immer noch kochen und frühstücken wir mit Freude im Merzli. 







Freude herrscht!

Wenn wir frisches Gemüse finden und es dann noch Kefen, Lauch, Blumenkohl oder gar grüne Bohnen sind, langen wir kräftig zu. Ich wundere mich, dass dort, wo Früchte wachsen, nicht auch Gemüse angeboten wird. Auf 50 Fruchtstände folgt nur ein Stand mit Tomaten, Zwiebeln und Knobli. Für grössere Auswahl sind Märkte zuständig, d.h. also, mitten ins Gewühl fahren, Dreirad-Töffli links und rechts beachten, Hupkonzerte schadlos überstehen... Mein Vorrat an tiefgefrorenem, geriebenem Käse reicht immer für Chäshörnli. Zwiebeln  sind auch im Vorrat und die letzte Büchse Apfelmus haben wir soeben vertilgt. Meersäuli vom Spiess stehen uns noch bevor (Lukas hat mal einen Schenkel probiert – das Lob hält sich in Grenzen). Die Köche im Süden Ecuadors sollen Meersäuli-Spezialisten sein.

So gross ist ein Schenkel vom Meersäuli












Die Riesenbromelie Puya
Raimondiis im Nationalpark Huascaran ist ein weiterer Höhepunkt. Eine Abzweigung von der Passstrasse zum Abra Yanashalla (4720 müM) weist uns zum Städtchen Huarez. Dazwischen liegt eine fantastische Berg- und besondere Pflanzenwelt. Das Merzli schnurrt sich immer wieder über 4800 m über die holprige, an Schlaglöchern steinreiche Piste hinauf. Biker im Seniorenalter kommen uns entgegen; die einen bleich und geifernd vor Anstrengung, andere erstaunlich frisch. Sie nehmen an einer organisierten Biketour von Quito bis Ushuaia teil und sind trotz schwieriger Strecke begeistert, ja teils sogar enthusiastisch.


Die prächtige Landschaft bezahlen wir gerne mit
langsamem Fahren über Schlaglöcher und rauer Piste


Es ist bereits fünf Uhr abends, als wir die Hinweistafel zum Gebiet Pastoruri sehen. Sollen wir jetzt noch hochfahren und auf knapp 5000 müM nächtigen? Die männliche Meinung gewinnt, wir fahren vorbei und nehmen uns vor, morgen in der Früh wieder hochzufahren. Mann hat gut entschieden, denn die Riesenbromelien sind nicht dort zu finden, sondern weiter unten auf etwa 4300 m. Gerade rechtzeitig im Abendlicht können wir die bereits verblühten, riesigen Stängel sehen. Dank der genauen Beschreibung von Simone und Sämi finden wir auch gleich die drei noch verbleibenden, blühenden Puya. Nachdem die Pflanze 40 bis 100 Jahre Kraft gesammelt hat, treibt sie einen 6 m hohen Blütenstängel, bestückt mit zig-tausend Einzelblüten hervor. Diese wiederum dienen dutzenden von Kolibris als Nektarquelle, uns als Fotosujet und bieten uns reichlichst Genussmomente. Nach einer etwa viermonatigen Blütezeit stirbt zuerst der Blütenstängel, dann die ganze Pflanze ab. Dann dient sie den Hochlandbewohnern als Bau- und Brennstoff.

Puya Raimonii



Genug Nektar für die Kolibri-Schar
















Wie Mauslöcher präsentieren sich die
bevorstehenden Tunnels im Canon del Pato
Auf über 4000 müM leben die Einheimischen in solchen Häuschen

Die Erde der Umgebung von Huarez ist in jugendlicher Unruhe. Erdbeben und nachfolgende Schlammlawinen haben ganze Orte zerstört und tausende von Menschen unter sich begraben.  Kein Wunder, das mir mulmig wird, besonders während der Fahrt durch den Cañon del Pato. Auch dieser bietet einen guten Ersatz für die ausgelassene Todesstrasse bei La Paz! Eng windet sich die Piste durch die über 30 Tunnels, entlang des schmalen Cañons. Wunderschön, staubig, gfürchig, wuchtig...
Entlang der Panamericana, nordwärts zur Grenze zu Ecuador, begegnet uns eine andere Armut. Einfachste Hütten, viele unbeschäftigte junge Männer, schlampig gekleidete Frauen, schmutzige Kinder, als Müllhalden missbrauchte Strassenränder bedrücken uns.

Die Panamericana ist streckenweise
ein einziger Müllhaufen
Das Fahren der paar hundert Kilometer macht keine Freude. Knapp vor der Grenze – wir haben an jenem Tag gerühmt, dass wir Bolivien und Peru ohne Strassensperren durchquert haben – erwischt es auch uns. Wir verbringen deshalb einen Strandtag am Pazifik. Da die Stimmung zwischen den Streikenden, den Verhandlungspartnern und der Polizei ruhig und nicht gereizt ist, macht uns die Strassenblockade keine Sorgen.

So lässt es sich an einem Streiktag gut leben


Die Grenzformalitäten zwischen Peru und Ecuador werden in einem neuen, modernen Zollgebäude abgewickelt. Sofort bekommen wir den Ausreisestempel für uns und bald auch fürs Auto. Für die Auto-Einfuhrpapiere werden wir auf einige Kilometer weiter verwiesen. Dort aber werden wir in die Grenzstadt zurückgeschickt, um eine Haftpflichtversicherung abzuschliessen. Haben wir’s doch geahnt, dass nicht alles in einer Stunde erledigt sein kann! In der Stadt irren wir umher und suchen eine „seguro“ – ich weiss doch, dass dies „Versicherung“ heisst. Die Nachfrage ergibt, dass es nicht Seguro, sondern Autorización heisst und diese Versicherung an jeder Ecke und jedem Kiosk erhältlich ist. Das hätten wir an der Grenze auch haben können, nur wussten wir noch nicht, wie der Hase läuft. Für 5 US$ (offizielle Währung in Ecuador) sind wir für 30 Tage nun haftpflichtmässig versichert. Wir bekommen die Einfuhrpapiere und werden nicht wie die anderen PWs durchwühlt. Unsere Zwiebeln, Orangen und der Käse passieren die Grenze kontrollfrei.
Es ist schwül, wir fahren durch Bananenplantagen, wo ganze Strünke, vollbewachsen mit unreifen, grünen Bananen in Fungizid gebadet, zerteilt und in Bananenschachteln zum Abtransport verpackt werden. Aber nirgends werden Bananen zum Kauf angeboten. Weiter oben ist die Gegend der Kleinbauern, wo wir herrliche Fruchtstände finden. Jetzt sind wir richtig im Bananenland Ecuador angekommen. Wir durchfahren auch sattgrüne Wiesen mit zwischen Butterblumen und Löwenzahn weidenden Kühen. Berge, sprudelnde Bäche – ja, wir könnten in Süddeutschland, im Jura oder in Österreich sein.



Fast wie zu Hause
Beim Dieseltanken kommen nostalgische Gefühle auf: 80 l tanken, mit einer 20 Dollarnote bezahlen und noch Retourgeld bekommen! Nach einer ersten Nacht im Irgendwo erreichen wir Cuenca genau richtig, um Catherine und Marco aus Fehraltorf zu treffen.

Erste Nacht in Ecuador - ruhig und stimmungsvoll
In einem Garten, zwischen wachenden Hunden, einem weidenden Pony und vielen Hühnern inklusive schreiendem Güggel finden wir ein ideales Plätzli zum Verweilen. Warme Dusche, Elektroanschluss, Wasserschlauch und WIFI – alles ist dabei! (Calle Cantón Gualaceo 2-149, Cabana Yanuncay, Tel. 281 96 81, Familia Parra. 15 US$/Tag).

Standplatz in Cuenca
Bei einem ersten Gang durch die Innenstadt glauben wir, wieder in Europa zu sein. Saubere Strassen, wohlhabend aussehende Geschäfte und Leute, alles ist geordnet, sogar die Hupe wird recht selten benützt. Das Sahnehäubchen ist das echte Wienerschnitzel im Café Austria. Seit längerer Zeit wiedermal ein heimatlich anmutender, kulinarischer Spezialgenuss: knusprig gebraten, gut gewürzt, auf heissem, sauberem Teller und mit sauberem Besteck und freundlicher Bedienung serviert: eben so, wie es sein sollte!
Wir verbringen einen sehr schönen Nachmittag und Abend mit Marco und Catherine, schlendern durch die Stadt und geniessen den speziellen Tag.

Ein schönes Wiedersehen!
Was bietet Ecuador sonst noch? Davon werden wir hoffentlich das nächste Mal berichten können.

Mit herzlichen Grüssen

Brigitte und Lukas

Sonntag, 26. August 2012

Peru zum Zweiten

Puno - Puerto Maldonado - Cusco - 
Machu Picchu - Cusco - Ayacucho
















Schwimmende Inseln? Tatsächlich gibt es ein Volk am Titicacasee, das von Fischfang und etwas Landwirtschaft lebt(e). Sie wohnen familienweise auf etwa 500 m2 grossen, kunstvoll zusammen gebundenen, einen knappen Meter dicken Schilftafeln. So waren sie für Feinde schwer angreifbar. Der Besuch einer dieser Inseln, aber auch der einer grösseren, natürlichen, stellst Du Dir am besten vor wie der Besuch eines Freilichtmuseums: Schön, informativ, interessant, aber die Leute machen nach den letzten Touristen Feierabend und lassen ihr urtümliches Handwerk bis zum Eintreffen der nächsten Touristen ruhen. Auch das Forellen-Reis-Mittagessen auf der grossen Insel war originell und typisch peruanisch: sehr schmackhaft und etwas zwischen kalt und lauwarm.



Nach der langen Zeit auf deutlich über 4000 müM wollen wir etwas anderes als verdorrte Wiesen, kalte Nächte, rumpelnde Verdauung: Jenseits eines knapp 5000 m hohen Passes lockt uns auf baren 250 müM mitten im Dschungel das Städtchen Puerto Maldonado. Eine neue perfekte Teerestrasse ohne nennenswerten Verkehr beschert uns eine Klettertour hinauf zur Nebelwalze und einen anschliessenden schwindelerregenden Abstieg um über 4500 m. Unser Auto quittiert diese extreme Fahrt mit Umschalten auf Notbetrieb, das heisst, es arbeitet nur noch bis zu einer mittleren Tourenzahl, also mit weniger Kraft. Da wir seit einigen Tagen auch nicht mehr beulenfrei herumfahren, gleicht das Cämperli schon bald einem peruanischen Fahrzeug.


Die Vegetation auf knapp 5000 m und diejenige auf 250 m ist „ziemlich“ verschieden. Es ist für uns hochinteressant, den Übergang von den dürren kargen Grasbüscheln zum überall wuchernden, dichten, üppigsten und äusserst artenreichen Dschungel zu erleben. Dazu umgekehrt verhalten sich die Häuser: Ihr Baustil wird immer minimalistischer, am Schluss sind es nur noch jämmerliche aus Wellblechstücken und Brettern zusammengeschusterte Hütten: Leben tut man auf der Strasse.
Und hatten wir auf dem Altiplano mit dem Thermometer beobachtet, ob und wieviel die Temperatur nachts unter Null sinkt, war hier die Frage: Ob und wieviel sinkt sie unter 30°.
Puerto Maldonado ist eine Ansammlung von Hässlichkeiten, von drängelnden Dreiradtaxis, stinkenden Töffs und hat keinen einzigen Wegweiser. Uns entschädigt eine Tour in den Urwald: Wir geniessen urgewaltige Bäume, umarmt von tarzanwürdigen Lianen, Vögel, Schmetterlinge, Schildkröten, über uns Affen, ein Bad zusammen mit Ottern im quasi badewannenwarmen See. Und das mitgetragene heisse Mittagessen, in Bananenblätter eingehüllt, das bei 30° Lufttemperatur durch den Rucksack zusätzlich den Rücken heizte, schmeckt unvergleichlich lecker.





Unser nächstes Ziel ist Cusco, die Stadt in der Nähe von Machu Picchu. Die Anden sind ein junges Gebirge und hatten keine Zeit, sanfte Täler und Abhänge zu formen. Also geht es wiederholt hoch hinauf und entsprechend hinunter. Beim Dorfplatz in einem der Bergdörfer hinterlassen wir buchstäblich Spuren: Bereits zum zweiten Mal versucht unser Cämperli, den Tankinhalt auf ungehörige Weise loszuwerden. Was in der Schweiz die Ölwehr auf den Plan ruft, bewirkt hier höchstens ein kurzes Hinblicken.


Noch bevor wir uns beim Hauptplatz in Cusco einen Orangensaft gönnen, suchen wir die Mercedes-Werkstatt auf (eine solche gibt es in Peru nur in Lima und hier). Der Werkstattchef hat sofort Zeit für uns, entschuldigt sich zuerst für die grässliche Dieselqualität in seinem Land und versichert uns dann, das Problem in einer Stunde gelöst zu haben. Auch die undichte Blase unseres Mercedes sei no problema. Nach drei Werkstatttagen, während denen bis zu vier Leute unter oder im Auto lagen, nach Telefonaten in die Lima-Werkstatt, nach vielen Erklärungsversuchen und Probefahrten haben wir folgendes Resultat: Unser Auto ist das erste Euro-5-Modell in dieser Werkstatt. Die Abgase verlassen jetzt ungefiltert den Auspuff (also eine weitere Angleichung an Gepflogenheiten peruanischer Autos). Das benötigte Ersatzteil gibt es in ganz Peru nicht. Der Leistungsverlust kann nicht behoben werden. Die Rechnung ausstellen dauert zwei Stunden (sie ist dafür sehr niedrig). 5 km nach der Werkstatt bleibt das Auto bei einer Verkehrsampel in einer selbsterzeugten Diesellache stehen.







Wir kaufen eines der günstigsten Machu Picchu-Arrangements: es beinhaltet die Zug- und Busfahrt, eine Hotelübernachtung (inkl. grässlichem Frühstück um 5 Uhr morgens – Kaffee aus Konzentrat) und den Eintritt für zusammen 440 Fr. Wir wissen, dass wir einen Touristenpool ersten Grades besuchen werden, und dass wir beide nicht besonders begeisterungsfähig für Ruinen sind. Aber wir getrauen uns nicht, Südamerikas meistbesuchte Touristenattraktion einfach auszulassen (wir machen das schon mit der „Todesstrasse“ und den Linien von Nasca).
Und, das Fazit?
  • Die täglich 4000 Besucher werden allerbestens organisiert abgearbeitet.
  • Die Inka-Stadt ist mindestens so schön und eindrücklich wie auf den Postkarten.
  • Die Leistung der Inkas, vor 500 Jahren riesige Steine, hoch in den steilen Bergen, fugenlos und erdbebensicher aufeinander zu fügen, ist grandios.
  • Der Besuch ermöglicht es dem ausländischen Touristen, den armen Staat Peru finanziell zu unterstützen.

Ein Stänkerer würde jetzt vielleicht einwenden, dass die Akropolis einige Jahrhunderte v.C. gebaut wurde, dass die Römer ähnliche Leistungen bereits 1500 Jahre früher erbrachten, dafür aber noch Unvergängliches in ganz verschiedenen Wissenschaften leisteten (die Inkas kannten um 1500 weder Rad noch Schrift noch Zahl), dass die Kathedralen in Europa mit den filigranen Stein- und Gipsfiguren, mit den Wand- und Deckengemälden viel mehr Können erforderten als blosses Steinehauen und Steinebeigen. Lassen wir ihn doch stänkern!




Von Cusco aus geht es jetzt tagelang nordwärts durchs zentrale Bergland. Wie gesagt, die jugendlichen Anden hatten noch keine Zeit, sich etwas einzuebnen. Die Pisten und Strassen sind also nicht nur extrem kurvenreich, sondern auch grundsätzlich nie eben. Kaum sind wir von einem 4000er Pass auf unter 2000 m abgestiegen, beginnt die Klettertour zum nächsten Pass. Wie viele Wechselbäder der Vegetationen, der Temperaturen, der Anbaumethoden erleben wir! Ackerbau bis auf über 4000 m! Nicht selten nehmen wir einen der vielen Autostopper - häufig Frauen - mit. Dafür müssen sie unsere Fragen beantworten. Allerdings ist sich diese Hochlandbevölkerung nicht an Ausländer gewohnt: Wieso versteht ein erwachsener Mensch nicht ihr mit der Ursprache Quechua angereichertes Spanisch? Was soll die Frage, ob man lieber das oder jenes macht? Und überhaupt: Wieso fahren in einem so grossen Auto nur zwei Personen, wo doch sicher 10 darin Platz hätten?
Bei der Strassenqualität kennen die Peruaner keine Grautöne: Entweder schlechte Piste mit extrem feinem zentimetertiefem Staub (wir haben genügend würdigen Ersatz für die ausgelassene berüchtigte Todesstrasse nördlich von La Paz gefunden) oder perfekte breite Teerstrasse. Das schlimmste ist das Zwischending: Wo die Strassenbauer am Werk sind, ist der Vierradantrieb fast unentbehrlich, und die Geduld zum Warten erst recht. Gewaltige Erd- und Sandmassen werden verschoben, um die Strasse an den Hang zu kleben, um Couloirs aufzufüllen, um Haarnadelkurven zu bauen, um mit der Steigung auch die peruanischen Lastwagen nicht zu überfordern. Die letzte Baustelle mit weit über 1000 Arbeitern war 48 km lang! Der Bauherr sei jeweils eine private Firma, die nach Fertigstellung Strassenzoll erheben darf.
















Grösste Fantasie beweisen die Peruanerinnen in der Hutmode. Diese wechselt von Gebiet zu Gebiet. Ist ein winziger Zylinder gefällig? Oder lieber ein bunter „Doktorhut“? Auch eine einer Früchteschale gleichende Kopfbedeckung kann Mode sein. Obligatorisch aber sind die unter jedem Hutmodell hervorbaumelnden dicken tiefschwarzen Zöpfe.






















Die extreme Höhe (und vielleicht auch andere Sachen) verursachen bei Brigitte und mir Durchfall. Aber trotzdem: Uns geht es wunderbar!

Ganz herzliche Grüsse
Lukas und Brigitte