Nach Ayacucho folgen unruhige Kilometer: Steigungen, weites
Ausholen bis zuhinterst ins Tal, bis dann eine kurze Brücke das Flüsslein
kreuzt, der Taleinschnitt fertig ist und wir das ganze Tal wieder auf der
anderen Flussseite zurückfahren. Ungläubig sehen wir jeweils hoch oben
eine Strasse, die überhaupt nicht in die geplante Richtung führt. Ich: hoffend,
dass wir nicht dort hinauf müssen, Lukas aufs Garmin schauend und wohl wissend,
dass doch. Was auf der Strassenkarte als gerade Strecke gezeichnet ist,
entpuppt sich in dieser Gegend als unaufhörliche Windungen, Steigungen und Engpässe.
Immer wieder steigen wir auf unglaubliche Höhen zwischen 4700 und 4850 müM. Die schmale Strasse ist grossenteils asphaltiert, aber unterbrochen von
gravierenden Schäden durch Erdrutsche und Erdbeben, gekennzeichnet mit Hinweistafeln „Falla geologica“.
Immer wieder grosses Ausholen |
Auf dieser kaum befahrenen Strecke werden wir noch einige
Male um Hilfe gebeten: Ein LKW will die
Batterien mittels zwei Schraubenschlüsseln überbrücken, der nächste hat
ebenfalls ein Batterieproblem, wieder einer hat sein Auto wegen einer kaputten
Felge auf Steine aufgebockt. Autos und
Maschinen werden gebraucht, bis nichts mehr geht. Wen wundert’s da, dass uns in
der Mercedes-Werkstatt kollektives Unverständnis entgegenbrandet, wenn wir um einen
Service an unserem noch rollenden Merzli bitten.
Restaurantbesuche sind oft Quellen von Überraschungen:
Milchkaffee: Eine Tasse warme Milch mit einem Kännchen Kaffeekonzentrat (sieht Maggi-Würze
zum Verwechseln ähnlich). Kaffee: Heisses Wasser und das gleiche Konzentrat.
Lukas lechzt nach Kaffee und wir bestellen diesen in einem guten Hotel in der
Stadt: Auch hier gibt es nur Konzentrat-Kaffee. Aber der Fruchtsalat für 1
Fr. ist erstklassig. Ein Pisco Sour kostet 6 Fr. und um die Ecke bezahlen wir
dem Strassenverkäufer für einen heissen, perfekt gebratenen Pouletspiess 1 Fr. 1 kg Bananen: Was ist das? „Bananen für 30 Rp.“ wird hingegen verstanden.
Kaufen wir Brot, kostet dieses immer 1 Soles (etwa 35 Rp.). Je nach Gegend und
Verfassung des Verkäufers, bekommen wir dafür 6, 10 oder gar 12 Brötli. Hin und
wieder bezahlen wir bestimmt einen Touristenbonus/malus, so richtig übers Ohr gehauen
werden wir aber nie. Herrlich ist Frühstücken im Restaurant: wunderbare
Omeletten mit Kräutern, Schinken, Zwiebeln, Fruchtsalat, Toasts, frische
Fruchtsäfte. Das Frühstück „Suizo“ bietet weniger verschiedene Sachen, dafür
ist der Preis höher. Das stimmt uns
nachdenklich und wir nicken: im Ausland bezahlt man offenbar bereits für die
Bezeichnung „Schweiz“ mehr. Wir entscheiden
uns fürs Frühstück de la casa und werden richtig verwöhnt!
Wo wird bei uns der Teller mit so vielen Crevetten gefüllt? Pommes Frites gehören immer dazu! |
Ein Promotion-Markt für landwirtschaftliche Produkte bietet frisch
gebackene Forellen an, selbstverständlich essen alle von Hand; auf Fleisch vom Sauenkopf verzichten wir und
kaufen stattdessen Honig und Frischkäse.
Währschafte Brötli, gefüllt mit Schweinefleisch |
Merzli-Zmorge |
Immer noch kochen und frühstücken wir mit Freude im Merzli.
So gross ist ein Schenkel vom Meersäuli |
Die Riesenbromelie Puya
Raimondiis im Nationalpark Huascaran ist ein weiterer Höhepunkt. Eine Abzweigung von der Passstrasse zum Abra Yanashalla (4720 müM) weist uns zum Städtchen Huarez. Dazwischen liegt eine fantastische Berg- und besondere Pflanzenwelt. Das Merzli schnurrt sich immer wieder über 4800 m über die holprige, an Schlaglöchern steinreiche Piste hinauf. Biker im Seniorenalter kommen uns entgegen; die einen bleich und geifernd vor Anstrengung, andere erstaunlich frisch. Sie nehmen an einer organisierten Biketour von Quito bis Ushuaia teil und sind trotz schwieriger Strecke begeistert, ja teils sogar enthusiastisch.
Puya Raimonii |
Wie Mauslöcher präsentieren sich die bevorstehenden Tunnels im Canon del Pato |
Auf über 4000 müM leben die Einheimischen in solchen Häuschen
Die Erde der Umgebung von Huarez ist in jugendlicher Unruhe. Erdbeben und nachfolgende Schlammlawinen haben ganze Orte zerstört und tausende von Menschen unter sich begraben. Kein Wunder, das mir mulmig wird, besonders während der Fahrt durch den Cañon del Pato. Auch dieser bietet einen guten Ersatz für die ausgelassene Todesstrasse bei La Paz! Eng windet sich die Piste durch die über 30 Tunnels, entlang des schmalen Cañons. Wunderschön, staubig, gfürchig, wuchtig...
|
Entlang der Panamericana, nordwärts zur Grenze zu Ecuador,
begegnet uns eine andere Armut. Einfachste Hütten, viele unbeschäftigte junge
Männer, schlampig gekleidete Frauen, schmutzige Kinder, als Müllhalden
missbrauchte Strassenränder bedrücken uns.
Die Panamericana ist streckenweise ein einziger Müllhaufen |
Das Fahren der paar hundert Kilometer macht keine Freude.
Knapp vor der Grenze – wir haben an jenem Tag gerühmt, dass wir Bolivien und
Peru ohne Strassensperren durchquert haben – erwischt es auch uns. Wir
verbringen deshalb einen Strandtag am Pazifik. Da die Stimmung zwischen den
Streikenden, den Verhandlungspartnern und der Polizei ruhig und nicht gereizt
ist, macht uns die Strassenblockade keine Sorgen.
So lässt es sich an einem Streiktag gut leben |
Die Grenzformalitäten zwischen Peru und Ecuador werden in einem neuen, modernen Zollgebäude abgewickelt. Sofort bekommen wir den Ausreisestempel für uns und bald auch fürs Auto. Für die Auto-Einfuhrpapiere werden wir auf einige Kilometer weiter verwiesen. Dort aber werden wir in die Grenzstadt zurückgeschickt, um eine Haftpflichtversicherung abzuschliessen. Haben wir’s doch geahnt, dass nicht alles in einer Stunde erledigt sein kann! In der Stadt irren wir umher und suchen eine „seguro“ – ich weiss doch, dass dies „Versicherung“ heisst. Die Nachfrage ergibt, dass es nicht Seguro, sondern Autorización heisst und diese Versicherung an jeder Ecke und jedem Kiosk erhältlich ist. Das hätten wir an der Grenze auch haben können, nur wussten wir noch nicht, wie der Hase läuft. Für 5 US$ (offizielle Währung in Ecuador) sind wir für 30 Tage nun haftpflichtmässig versichert. Wir bekommen die Einfuhrpapiere und werden nicht wie die anderen PWs durchwühlt. Unsere Zwiebeln, Orangen und der Käse passieren die Grenze kontrollfrei.
Es ist schwül, wir fahren durch Bananenplantagen, wo ganze Strünke,
vollbewachsen mit unreifen, grünen Bananen in Fungizid gebadet, zerteilt und in
Bananenschachteln zum Abtransport verpackt werden. Aber nirgends werden Bananen
zum Kauf angeboten. Weiter oben ist die Gegend der Kleinbauern, wo wir
herrliche Fruchtstände finden. Jetzt sind wir richtig im Bananenland Ecuador
angekommen. Wir durchfahren auch sattgrüne Wiesen mit zwischen Butterblumen und
Löwenzahn weidenden Kühen. Berge, sprudelnde Bäche – ja, wir könnten in
Süddeutschland, im Jura oder in Österreich sein.
Beim Dieseltanken kommen nostalgische Gefühle auf: 80 l
tanken, mit einer 20 Dollarnote bezahlen und noch Retourgeld bekommen! Nach
einer ersten Nacht im Irgendwo erreichen
wir Cuenca genau richtig, um Catherine und Marco aus Fehraltorf zu treffen.
Fast wie zu Hause |
Erste Nacht in Ecuador - ruhig und stimmungsvoll |
In einem Garten, zwischen wachenden Hunden, einem weidenden
Pony und vielen Hühnern inklusive schreiendem Güggel finden wir ein ideales
Plätzli zum Verweilen. Warme Dusche, Elektroanschluss, Wasserschlauch und WIFI
– alles ist dabei! (Calle Cantón Gualaceo 2-149, Cabana Yanuncay, Tel.
281 96 81, Familia Parra. 15 US$/Tag).
Standplatz in Cuenca |
Bei einem ersten Gang durch die Innenstadt glauben wir, wieder
in Europa zu sein. Saubere Strassen, wohlhabend aussehende Geschäfte und Leute,
alles ist geordnet, sogar die Hupe wird recht selten benützt. Das Sahnehäubchen
ist das echte Wienerschnitzel im Café Austria. Seit längerer Zeit wiedermal ein
heimatlich anmutender, kulinarischer Spezialgenuss: knusprig gebraten, gut
gewürzt, auf heissem, sauberem Teller und mit sauberem Besteck und freundlicher
Bedienung serviert: eben so, wie es sein sollte!
Wir verbringen einen sehr schönen Nachmittag und Abend mit
Marco und Catherine, schlendern durch die Stadt und geniessen den speziellen
Tag.
Ein schönes Wiedersehen! |
Was bietet Ecuador sonst noch? Davon werden wir hoffentlich das nächste Mal berichten können.
Mit herzlichen Grüssen
Ihr seid so braun gebrannt!
AntwortenLöschenDiese Puya würde ich auch fürs Leben gern einmal sehen, besonders wenn sie von Kolibris umschwirrt wird.
Isabelle
hey ihr sieht sooo gut aus!!!!
AntwortenLöschenregu
Hallo ihr zwei
AntwortenLöschenBei mir geht es nicht so schnell vorwaerts aber ich geniesse es sehr Herzlichen Dank fuer eure Komentare
Lieben Gruss Pilger Johann aus Santiago
hallo ihr zwei weltenbummler,
AntwortenLöschenich grüsse euch lieb aus wil und habe mich eben über euern bericht mächtig gefreut. ich / wir wünschen euch noch viele schöne erlebnissreiche tage und viel mut zu euren teils strapaziösenen Reisen. ich würde am liebsten eben auch mitfahren und die schöne weite welt mitansehen.
alles liebe und gute zu euch und bleibt gesund und munter.
herzliche grüsse: Gottlieb