Sonntag, 5. Mai 2013

(Mexiko) und Baja California


Oaxaca - Guanajuato - Los Mochis - Kupfercanyon - Los Mochis - La Paz (Mex) - Cabo San Lucas - Todos Santos

Die schmale lange Halbinsel
 Baja California (sprich Bacha
 Galifornia) gehört zu Mexiko
Mexiko ist riesig! So schnell durch-
fahren geht nicht so schnell


























„Der Stammumfang beträgt 46 m, gemäss einer anderen Messung jedoch 68 m.“ Diese Aussage unseres Reiseführers über den weltgrössten Baum lässt mich gedanklich fluchen. Wie wäre es mit einer Nachmessung? Als ich aber vor dem Baum stehe und wieder atmen kann – der 2000 Jahre alte Baum hat mir beim ersten Anblick den Atmen genommen – verstehe ich: Der Stamm ist so unförmig, so unrund, dass eine Messungenauigkeit von 12 Metern durchaus tolerierbar ist. Was die Römer, die Inkas und Mayas vor vielen hundert Jahren bauten, können wir heute als geflickte Ruinen betrachten. Was die Natur vor dieser Zeit wachsen liess, ist heute noch da, wohl mit Zeichen des Alters, aber ohne irgendwelche baumchirurgische Eingriffe.
Miss den Stammumfang!

Ohne grosses Zögern umfahren wir den Moloch Mexiko-Stadt. Die Angaben über die Einwohnerzahl schwanken zwischen 12 und 20 Millionen. Hier wäre das Nachmessen vermutlich noch schwieriger...

Guanajuato aber lassen wir nicht aus. Zu oft schwärmte Brigitte von diesem Ort. Sie besuchte hier vor 8 Jahren Spanischunterricht und erzählt von den farbigen Häusern, dem fröhlichen Leben in der Innenstadt und den vielen Tunnels (ehemalige Silber-Bergwerksstollen). Sie bereitet mich auch auf extrem enge und dito steile Strassen vor.  
Jedes Haus ist mit einer anderen
fröhlichen Farbe gestrichen
Ein grausames Gesöff! Man beachte mein
Poker-Face und das entsetzte Gesicht
des Trompeters!



















Weil der „Campingplatz“ (ohne die phänomenale Aussicht auf die Stadt würde er höchstens von Puristen besucht) von der einen Seite wegen einer Baustelle nicht zugänglich ist, darf ich eine weitere halbe Stunde üben mit „Anfahren am Berg“ und „millimetrlen zwischen Wand und den Aussenrückspiegeln“. Eine Verkehrstafel „max Geschwindigkeit 20 km/h“ löst Heiterkeit aus.
Wir geniessen beide einen herrlichen Abend in der überfüllten Innenstadt. Auf den Plätzen wird getanzt, es hat unzählige Klein- und Kleinst-Restaurnts, Chicas suchen ihre Jäger, Bauchladenverkäufer bieten Kaugummi und Strumpfhalter an, ein Baby schreit, als habe es saure Milch genuckelt, Jugendliche mit auffallendsten Frisuren zeigen ihr Können auf den Inlineskates. Dass ich das bestellte allergarstigste Getränk meines Lebens halb austrank – es hatte auf der Karte einen so schönen Namen und ist wohl ein Gemisch von Bier, Maggisauce und Salz – darf ich als Heldentat abbuchen.


Das Staubfressen auf Guatemalas Pisten mag anstrengend gewesen sein. Das Kilometerfressen in den folgenden zwei Tagen ist aber deutlich strenger, es wird sogar zu einer Belastungsprobe für unsere Ehe. Nach 1200 km kommen wir getrennt von unseren Nerven in Las Mochis an. Wir finden sie auch nicht auf dem staubigen, schattenlosen, lärmigen und völlig überteuerten Stellplatz. Aber wir haben unseren Vorsatz umgesetzt: Mexiko zugunsten anderer Gegenden praktisch auszulassen.

1200 km in 2 Tagen








In Las Mochis wollen wir die Fähre nach der Baja California sowie die Zugsfahrt zum Kupfercañyon buchen. Sind wir noch zu wenig lang in südlichen Ländern, dass wir die hier herrschende Mentalität noch nicht verinnerlicht haben? „Etwas vor Abfahrt herkommen, bezahlen und einsteigen“ heisst es an beiden Verkaufstellen. Tatsächlich ist der Touristenzug für die achtstündige Fahrt bei weitem nicht voll, einer der vielen Zugsbegleiter verkauft im Zug die Billette. Wir geniessen die komfortable Fahrt im klimatisierten Wagen mit offenen Plattformen durch verdorrte Ebenen, dann bergwärts mit unzähligen Kehren und Tunnels bis zum Rand des Cañyons. Auf dem höchsten Punkt verlassen wir den Zug. Und ja: Die Schlucht verdient ihre Berühmheit allerdings: Sie sei dreimal grösser und tiefer als der Gran Cañyon, ist begehbar, ja sogar bewohnt von Indianern. Und wir hauen in die Vollen: Wir „steigen ab“ im schönsten (und teuersten) Hotel direkt am und im Abriss, chartern für den kommenden Tag einen Führer und geniessen einen Panoramablick aus der Seilbahn in den Cañyon – man gönnt sich ja sonst nichts!

Klimatisierte Wagen, aber je am Anfang
und Ende eines Wagens kann man auf
die offene Plattform
Tunnels und Brücken à discretion. Für verwöhnte Schweizer
Bahn-Fans ist die Strecke aber nicht wirklich sensationell








Im Kupfercanyon sei nie Kupfer abgebaut. Er erhielt seinen Namen wegen den
kupferfarbenen Felsen. Im April ist das Wetter garantiert trocken, dafür aber diesig.





















Die Überfahrt nach der Baja California - trotz des Namens und den Horden urlaubender US-Amerikaner immer noch Mexiko – dauert sieben Nachtstunden. Unser Auto ist 35 cm zu lang, um noch als PW taxiert zu werden. Ist es meinen ausgezeichneten Spanischkenntnissen oder meinem Charme zu verdanken, dass ich die Schalterbeamtin überzeugen kann, uns den halb so teuren, also 400 Fr. billigeren „PW mit übermässiger Ladung“-Tarif zu geben?


Vor vier Jahren konnte ich mit einem Freund eine unvergessliche, herrliche dreiwöchige Velo-/Autoreise durch die Baja machen. Auch deshalb freue ich mich auf dieses Gebiet des ewigen Sommers mit viel Meer und guter touristischer Infrastruktur. Die erste Nacht verbringen wir in einem kleinen Ort am Golf von Kalifornien. Innerhalb der letzten vier Jahre hat er sich aber gewaltig verändert: Statt je einem Restaurant hat es jetzt viele, der Campingplatz wich einer pompösen Hotelanlage, die Sandstrassen sind asphaltiert, spanisch sprechen nur noch wenige Fossile (und zwei Schweizertouristen), die Waschmaschine lässt sich ausschliesslich mit US-Münzen füttern, die Stelle eines Ruhebänklis und Kakteen hat ein Immobilienbüro übernommen. Das Dorf hat eindeutig seinen verschlafenen Charme verloren. Aber mein Gesprächspartner schwärmt davon, wie das Dorf gewachsen sei, wie es sich gemausert hat. Ich merke, dieses Dorf ist stellvertretend für die ganze südliche Baja California: In Cabo San Lucas erklärt mir der Fischer-Lehrer, dass er vor 25 Jahren noch jede Person in der Stadt persönlich kannte. Heute hat diese Stadt 175 000 Einwohner...
Leere Strände, für ein Cämperli 1a

Vor 4 Jahren fuhr ich mit einem Freund eine ganztägige Velotour. Ich erinnere mich an starke Hitze,
strenge Aufstiege, sandige Abfahrten, höchsten Erlebniswert. Auch mit Brigitte startete ich beim
ersten Morgenlicht. Aber bereits eine Stunde später purzelte die Hitze die Hänge hinunter und
verscheuchte jedes kühle Meerwindchen unbarmherzig. Wir kürzten die Route ab.

Apropos Fischer-Lehrer: Da ich es satt habe, stundenlang und erfolglos mit der Rute ins Meer hinaus zu zeigen, nehme ich das Angebot eines ehemaligen Fischers an. In seiner Nussschale tanzen wir auf dem Pazifik und vergällen vier prächtigen Fischen das Weitertanzen (um Deinem Vorwurf wegen angewandtem Fischerlatein zuvorzukommen, verzichte ich auf eine Längenangabe). Zurück beim Cämperli komme ich mir vor wie der Gangster nach dem genau geplanten und geglückten Überfall: Er weiss nicht weiter. Was mache ich im Cämperli bei 30° C mit kiloweise unausgenommenen Fischen und einem Gefrierfach, das nur wenig grösser ist als eine Zündholzschachtel? Soviel sei verraten: Wir haben uns tüchtig überessen!
Israel fischte früher allein, jetzt gibt er
seine Kenntnisse an Touris weiter


Jetzt pendeln wir zwischen der West- und Ostküste der Halbinsel hin und her, zwischen dem Pazifik und dem Golf von Kalifornien. Wir gewöhnen uns ans englisch sprechen, an US-Dollar und an eine touristische Infrastruktur. Und geniessen nebst der auf Höchstleistung eingestellten Sonne klimatisierte Einkaufszentren und Restaurants. Und bezahlen dort fast schweizähnliche Preise.

Habt auch eine gute Zeit!

Lukas und Brigitte

4 Kommentare:

  1. Nun wird es also etwas westlicher...Nimmt mich wunder wie Eure Reise weiter geht!
    Kuss, regula

    AntwortenLöschen
  2. Hallo zusammen
    Danke für den Bericht. Bei uns ist nun auch der Frühling eingekehrt und wir hatten schon zwei heftige Hagelgewitter. Nur die Temperaturen sind sicher nicht mit euren zu vergleichen.
    Liebe Grüsse aus der Innerschweiz
    Rita und Peter

    AntwortenLöschen
  3. Hallo zäme, mir gefallen besonders die schregen "Tschäpple" auf der Velotour, fast wie die kleinen Gangster an Schweizer Bahnhöfen =). Auf eure Hautfarbe bin ich neidisch...! Herzlich, Stefanie

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Schräg sind die Gorros nur um uns vor der Sonne zu schützen und nicht weil wir alte Gangster sind.
      Und? Auf die Falten auch neidisch?
      Liebe Grüsse Brigitte

      Löschen