Samstag, 23. März 2013

Kuba






Havana – Pinar del Rio – Viñales – Cienfuego – Trinidad – Santa Clara – Ha­vana



                                       
                                        Ja, wir waren dort!
Um es gleich vorweg zu nehmen: Höhepunkt und Hauptzweck des Besuches von Kuba war nicht ein Besuch bei Fidel, sondern das Wiedersehen mit unse­rer Tochter Isabelle. Sie hat Ferien auf Kuba verbracht und wir erleben ge­meinsam ihre letzten drei Ferientagen mit unseren ersten Kubatagen.

Unglaublich aber wahr!
Lukas' und meine Rundreise dauerte 10 Tage. Natürlich decken sich unsere Eindrücke nicht unbedingt mit denen von Kuba-Kennern oder von Kuba-Bade­urlaubern.
Zuerst fallen uns in Havana die alten – mehr oder weniger gepflegten, aber gewaltig russenden und stinkenden Autos auf. Was wir als Kult bezeichnen und bestaunen, ist für Kubaner bittere Wirklichkeit. Die Revolution 1959 mit  der Vertreibung aller reichen Ausländer, Investoren und Verstaatlichung der Unternehmen wurde mit einem restriktiven Wirtschaftsembargo der USA gebüsst. Aber die Kubaner sind Meister im Improvisieren. Nur so konnten die amerikanischen und europäischen Autos aus den 50er Jahren mit Hilfe von Ersatzteilen für russische und japanische Fahrzeuge am Leben erhalten bleiben. Wer heute einen Oldtimer besitzt, ist reich; die Mehrheit derselben gehören dem Staat und sind Taxis. Klar, dass Lukas und ich uns beim ersten Besuch von Hava­nas  Zen­trums gleich zu einer Rundfahrt in einem eleganten Schlitten über­schnorren lassen.

Da braucht es keine Worte

Dabei erhalten wir den ersten Eindruck von der 2½-Millionenstadt. Dieser ist erschütternd: Entlang der Küste modern die Gebäude aus der Kolonialzeit vor sich hin, von Stützen notdürftig gehaltene Balkone sind am Einstürzen, die Ruinen sind aber bewohnt, hässliche Plattenbauten aus den 60er Jahren schreien nach Renovation, viele bewohnte Gassen stinken jämmerlich. 


Sieht auf dem Foto besser aus als in Wirklichkeit
Die  Ar­mut der Menschen ist offensichtlich. Riesig und elegant dagegen ist der Platz der Revolution mit seinem Marmorturm (mit funktionierenden Lift in den obersten Stock!). Von einem Nachbargebäude blicken Konterfeis der beiden Helden Fidel und Che.


 

Später dürfen wir unseren ersten Eindruck etwas korrigieren: Ausserhalb der Altstadt bestaunen wir wunderschön renovierte Kolonialbauten; auch in der von Touristen übernommenen Altstadt sind oder werden mehrere Häuserzei­len und Plätze gekonnt saniert. Ausserhalb des touristischen  Zentrums, also der Altstadt, und ausserhalb der Strasse mit den herrschaftlichen Kolonialhäu­ser sind die Häuser dem Verfall preisgegeben, die Bewohner woh­nen nicht, sie hausen. Aus den Schächten stinkt’s nach Gosse.
Heute sind die sozialistischen Grundsätze etwas gelockert; private Restau­rants (Paradar) und Unterkünfte (Casa Particular) schossen und schiessen wie Pilze aus dem Boden und sind eindeutig besser geführt als die staatlichen Einrichtungen (Hotels: Lift funktioniert nicht, Brot gibt es heute keines – Butter schon gar nicht, nachts fliesst kein Wasser...), das Essen in den Paladares ist fantasievoller, die Ein­richtung lieblicher – wir haben nur gute Erfahrungen gemacht.


Herein in die gute Stube
Einfach perfekt


Stilvoll


Büsi wartet vor dem Paladar und hat Pech gehabt; von uns gibt es keine Resten





























Bis vor kurzem waren Steuern in Kuba unbekannt; heute werden von den pri­vaten Einrichtungen Steuern bezogen. Unsere staatliche Reiseleiterin (sie hat in der DDR Kernphysik studiert) erzählt uns viel über das Leben der Kubaner vor und nach dem „Triumph der Revolution“. Sie sagt nie „Revolution“ alleine – der „Triumph“  ist immer dabei. Kritik am System lässt sie nur in homöopati­scher Dosierung verlauten.

Von Havana aus führt die „Nationale Autobahn“ in den Westen und Osten.  Am Strassenrand warten Leute auf einen Transport. Autofahrer mit staatli­chem Nummernschild sind dazu angehalten, Wartende mitzu­nehmen. Die zu Personentransport umgebauten Lastwagen sind zu selten. Bei den Autobahn­ausfahrten warten Rosswagen, welche den Perso­nentransport ins nächste Dorf übernehmen. Das Vorwärtskommen für die Landbevölkerung ist kompli­ziert und anstrengend.

Pferdetaxi
Die Tabakernte, das Trocknen der Blätter und die Herstellung von Zigarren geschieht ausschliesslich in liebevoller, aber vor allem in mühsamer Handar­beit und ist extrem streng kontrolliert.

Das Rad scheint nicht erfunden zu sein
Bei jeder Zigarre kann zurückverfolgt werden, wer sie hergestellt hat. Es ist  für uns unvorstellbar, dass dies ohne elektronische Logistik auch funktionieren kann. Mit der Sorgfalt einer frischgebackenen Mutter gegenüber dem zu wi­ckelnden Baby wird das Deckblatt einer jeder Zigarre um den Inhalt - das Baby! - gewickelt. Bei den verschiedenen Zigarrennamen wie z.B. „Montechri­sto“ oder „Romeo und Julietta“ handelt es sich nicht um verschiedene Firmen, sondern um Herstellungsvarianten. Die Firma für alle Zigarren ist ja der Staat Kuba.

Die anstrengende Handarbeit der Tabakbauern geniesst Lukas mit Würde
Seit dem Fall der Mauer lebt Kuba in einer besonderen Krise. Kubas Lebens­mittelproduktion und die Devisen reichen nicht zur Versorgung der eigenen Bevölkerung, deshalb sind die Lebensmittel rationiert. Mit dem Libreto, einer Art Markenbüchlein, können die Rationen in bestimmten Lä­den bezogen wer­den. Die Rationen reichen nicht aus; der unumgängliche Schwarzhandel blüht. Allerdings ist mit dem harten Peso alles käuflich, der Staat zahlt aber alle Löhne in weichen Pesos. Harte Pesos kommen von den Touristen...

Jeder weiss, wo er seine Lebensmittelration abholen (kaufen) darf
Der westliche Landesteil verfügt über mehr Wasser,  in Mittel- und Ostkuba herrscht vor allem von Dezember bis Mai grosse Trockenheit. Die Böden sind vom Zuckerrohranbau ausgelaugt oder gar kaputt. Viele Zuckerfabriken sind wegen uralten, defekten Maschinen geschlossen. Der Versuch, mehr Grund­nahrungsmittel statt Zucker anzubauen, steckt noch in den Anfängen und muss erst gelernt werden. Zulange wurde einseitig auf den Export von Zucker gesetzt.


Die Kolonialstadt Cienfuego ist durch prachtvolle Villen ehemaliger Sklaven­händler, Grossgrundbesitzer und Politiker geprägt. Heute sind in diesen Häu­sern staatliche Hotels oder andere staatliche Einrichtungen untergebracht.

Überbleibsel der 50er Jahre




















Kuba zwingt uns zum Nachdenken und Vergleichen der politischen Systeme. Uns verwöhnten Schweizern vermittelt es den Eindruck eines armen und un­terentwickelten Landes. Vieles können wir kaum nachvollziehen: Über Jahr­zehnte kamen keine Ersatzteile ins Land, findet kaum eine Entwicklung wie der Bau von modernen Fabriken statt. Dass trotz westlichem (staatlich kon­trolliertem) Fernsehen, trotz fehlender Pressefreiheit für uns keine wahrnehm­bare Unzufriedenheit herrscht, erstaunt uns. Die Kubaner sind stolz auf ihre gros­sen Errungenschaften: Bildung für alle und ein vorbildliches Gesundheits­wesen, sowie Arbeit für alle. Erst seit wenigen Jahren sind kleine private Un­ternehmen erlaubt und somit gibt es Ansätze von Werbung und Schaufenstern. Die initiativen Kubaner sind daran hoch  interessiert.
Wer in Kuba reist, darf keinen Luxus in unserem Sinn erwarten. Aber  die Ku­baner schenken den Touristen Offenheit, Freundlichkeit, Fröhlichkeit. Der Tou­ristenstrom ist riesig und wird innert kurzer Zeit das Land, die Gesellschaftsst­ruktur, das Denken und Handeln, die Zufriedenheit der Kubaner dra­matisch beeinflussen.


Schweizerkult dank Isabelle


Kubakult auch nicht schlecht

Zurück in Cancun treffen wir unser Cämperli unversehrt auf dem Flugha­fen-Parkplatz an. Die Konsumwelt hat uns wieder. Und wir gestehen: Ganz un­glücklich darüber sind wir nicht!

Verpasst den Frühling nicht und seid herzlich gegrüsst
Brigitte und Lukas

Das Bibeli ist froh, dem österlichen Eiertopf entronnen zu sein.
Trotzdem: geniesst das Eiertütschen!





6 Kommentare:

  1. Houu ich vermisse den Kubakult!

    Interessant wie wir doch ziemlich unterschiedliche Eindrücke gewonnen haben...ich wäre jedenfalls gerne noch länger geblieben. Natürlich nicht nur wegen Kuba sondern auch wegen euch. War schön euch zu sehen!

    Isabelle

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  2. Ein guter Freund von mir kommt am Samstag von einem Monat Kuba zurück. Nimmt mich wunder wie er es erlebt hat. Zum Glück ist jede Wahrnehmung anders!
    Kuss
    regula

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  3. Genau vor einem Jahr war ich einen Monat in Kuba per Velo unterwegs, konnte zeitweise bei einer befreundeten Familie wohnen und so den nicht immer einfachen Alltag mit Entbehrungen erleben: Für 100 g Butter Schlange stehen und wenn man Pech hatte, gabs dann doch nichts, oder leise sprechen, da man nicht sicher ist, ob man von den Nachbarn bespitzelt wird, die medizinische Gratis-Versorgung funktioniert nur, wenn genüged Schmiermittel und dem behandelnden Arzt ein Mittagessen angeboten werden. Wenn man allerdings die Touristenburgen in Varadero erlebt mit unvorstellbar viel Luxus... hier verdienen die Angestellten dank hartem Touristen-Peso (Trinkgeld) in einer Woche soviel wie andere in 1/2 Jahr. Die in Havanna mit UNESCO Geldern restaurierten Häuser sind sehr schön, die "Idylle" des Zentrums ist zum Fotografieren aber sicher nicht zum Wohnen. Dank der neuen Reisefreiheit und einer Sammelaktion kann unser Reiseleiter zum ersten Mal in seinem Leben das Land verlassen und kommt nach Europa.Die Gastfreundschaft und die grosse Solidarität untereinander haben mich sehr beeindruckt. Ich wünsche euch weiter eine gute und sichere Reise durch Mexico! Jutta

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  4. Ganz wunderbar wie ihr das Leben geniessen könnt. Es ist sehr interessant euren Weg nach zu verfolgen. So weit geht es bei mir nicht, aber in einer Woche starte ich zum zweiten Mal auf meinen Jakobsweg. Ich bin sehr gespannt wie es mir wieder ergehen wird. Ich wünsche euch weiterhin alles Gute, viel Neues und vor allem viel Glück im Strassenverkehr. Irgendwann im Herbst werde ich auch wieder zu Hause sein. Viele Grüsse aus dem verschneiten und sehr kalten Toggenburg. Ultreia bald wieder Pilger Johann

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  5. Hallo Johann
    haben wir's uns doch gedacht, dass Du schon bald wieder den Pilgerstab nimmst und unterwegs sein wirst. wir wünschen Dir jeden Abend eine gute Herberge, tagsüber genügend Flüssiges am Weg und wunderschöne Erlebnisse beim Wandern.
    herzliche Grüss
    Brigitte und Lukas

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  6. Liebes Gotti, lieber Lukas! Vielen Dank für die tollen blog's! Wir wünschen Euch schöne Ostern und lasst es Euch gut gehen. Die Osterhasen und Ostereier müssen wir leider drinnen suchen. Es schneit und alles weiss und sieht überhaupt nicht nach Frühling aus! Wir wünschen Euch weiterhin noch interessante Erlebnisse! Liebe Grüsse Marion & Erwin

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