Samstag, 14. Januar 2012

Im westlichen Patagonien

Punta Arenas - Magellan Strasse - N.P. Pali Aike - Puerto Natales - 
Gletscher Perito Moreno - Chaltén/Fitz Roy



Lange war es geplant, jetzt ist es so weit: In der südlichsten Stadt des südam. Festlandes können wir am Flugplatz unsere Tochter Franziska mit Freund Christian (und ihrem Mietauto) abholen. Und Franziskas erster Wunsch kann gut erfüllt werden: Morgen will ich Pinguine sehen!


Probiere es aus!: Friss Dich kugelrund, sodass Du keinen Hauch einer Taille mehr hast, Du nur noch watscheln kannst, stürze Dich in einen Frack und grunze: Vielleicht wirkst Du nun auf deine Umwelt ebenso putzig und herzig wie es in dieser Beziehung die Pinguine schaffen.




Manchmal schafft er es, über die eigenen Füsse zu stolpern und dann auf dem Bauch einen Meter zu surfen





Im südlichen Teil der Welt ist jetzt offiziell Sommer, doch für den patagonischen Wind ist diese Tatsache häufig ohne jede Bedeutung. Und auf der ganzen Welt ist Silvester. Das hingegen hat für die Patagonier grosse Bedeutung! So wollte ich einen Restaurant-Tisch reservieren. „Klar haben wir Platz, aber unser Restaurant ist geschlossen!“ Die Riesencrevetten und das Schöfige im Resti in Punto Arenas, das bis 22 h 30 bediente, bleibt uns in allerbester Erinnerung. Und das Personal aller geschlossenen Lokale waren ein Teil der Jahreswechsel feiernden Menschenmasse an der Magellanstrasse. Die Patagonier können feiern! So verstehen wir, dass am Neujahrstag alles, a-l-l-e-s geschlossen ist. Aber wozu habe ich von meinen vorausdenkenden Lehrerkollegen einige Rationen Überlebensfutter bekommen?

Brigitte hilft den Patagoniern den Jahreswechsel zu feiern









Die Argentinier spülen das Toiletten-Papier weder das WC hinunter noch lassen sie es in der Natur liegen, sondern deponieren es im Kübel (fällt uns Schweizern sehr schwer) oder verbrennen es. Letzteres wurde dem Wald im berühmtesten Nationalpark, dem Torres del Paine, zum Verhängnis. 7% der Waldfläche brannte und somit war für Touristen kein Zugang. Also los zu einer weiteren Perle, dem Perito Moreno Gletscher.





So grosse – und wachsende – und fast auf Meereshöhe - Gletscher hat die Schweiz nicht




Unvorstellbar gross
Aus den turmhohen Spalten leuchtet es so wahnsinnig neonblau, dass ich mich selbst überzeugen musste, dass nicht riesige Neonlampen installiert sind. Und für die Gletscherabbrüche brauche ich nicht mehr das Wort kalben, sondern elefanten oder mammuten.

Gesucht und nicht gefunden: Blaue Neonlampen






Was die Japaner beim Matterhorn, mussten wir vier beim Fitz Roy machen: Wir wollten so nah wie möglich an den berühmten, „unmöglichen“ Berg herankommen. Es war wie an der Himmelspforte kratzen! Der patagonische Wind lag an diesem Tag wahrscheinlich krank darnieder und kurierte einen Muskelkater aus, der Himmel tiefblau...

Morgens 6 Uhr: Der Berg ruft!

Vier fast senkrechte Wände. Nicht mal der Schnee kann daran kleben







Bald holt uns das „No hay“-Land ein: Wir sind bereit zur Weiterfahrt, aber an der Benzin-Tankstelle klebt ein Stück Karton: „Es gibt kein Benzin“. Die nächste Tankstelle ist 200 km zurück oder 350 km vorwärts. Da unser Cämperli Diesel schlürft („Claro, hay!“), begeben Brigitte und ich uns allein auf die 200 km lange Schlechtpistenfahrt und hoffen, unseren Besuch drei Tage später in einem weiteren Nationalpark wieder zu treffen. Gottseidank gehören wir noch einer älteren Generation an und haben gelernt, abzumachen. Denn: „Natelnetz? No hay! Internet? No hay!"

Im „No-hay-Land“

Wo schlafen die Arnolds, was essen sie? Hungrig und müde machen weder die gewaltigste Naturkulisse noch die majestätischsten Kondore keine Freude.
Im allgemeinen ist es sehr einfach, einen Nachtplatz für unseren Camper zu finden. Die Chilenen und die Argentinier lassen uns unbehelligt, ganz egal, wo wir stehen. So nächtigten wir z.B. nach der Silvesterfeier am Strassenrand in der Stadt, oder wir sind irgendwo an einem der leeren Strände. Gerne stellen wir unser Hotelzimmer auf einer Ebene mit 360°-Rundblick ab. Schon mehrere Male war der Pistenrand unser Nachtplatz (viele Schafbauern meinen offenbar, durch das Aufstellen eines undurchdringlichen Zauns sei ihnen das ewige Leben garantiert). Noch nie hatten wir ein ungutes Gefühl wegen Typen mit unsauberen Absichten. Der Feierabend ist ganz verschieden. Mal sind wir bereits um drei Uhr genug gefahren, mal wird es halt acht Uhr. Und der Check-out am Vormittag liegt - Ausnahmen sind für Pensionierte erlaubt – zwischen sieben und neun Uhr.

Am Strassenrand. Der einzige Lärm kommt vom Wind
Unser Kühlschrank und der zweiflammige Kochherd im Cämperli sind absolut zuverlässige Arbeiter, ebenso unser Benzinkocher für eine grössere Kocherei im Freien.Brigitte ist leidenschaftliche Köchin, und ich bin zum ersten Commis und Zuschauer ernannt. In Argentinien ist die Lebensmittelbeschaffung absolut problemlos, in den seltenen grossen Ortschaften hat es jeweils einen Supermarkt, die Bedeutung der Wörter „Panaderia“ und „Carniceria“ (Bäckerei, Metzgerei) müssen wir schon lange nicht mehr nachschlagen. Im südlichen Chile ist das Einkaufen weniger einfach, offenbar lieben die Chilener fleischlose Tage. Und das Angebot, die Vielfältigkeit an Früchten und Gemüse steht häufig in Konkurrenz mit einer Sahara-Oase.
Ein Restaurantbesuch ist für uns eine Ausnahme. Aber natürlich genossen wir ein typisches Asado (Schaf vom Grill). Wir amüsieren uns an den Verschiedenheiten der Kleinigkeiten. So bekamen wir z.B. kürzlich das bestellte Glas Rotwein in einer dicken Porzellantasse, mit Unterteller, serviert. Der Espresso nach dem Essen: Eine Tasse heisses Wasser und ein Glas mit Nescafépulver daneben. Und die Papierservietten übersteigen die Saugfähigkeit einer Plasticfolie nur höchst selten.

Besser als eine Menukarte beim Restauranteingang









Endlich ein vernünftiges Bier!










Das sollte genügen
















Obwohl Chile und Argentinien zur ersten Welt gehören, also nicht arme Länder sind, sind viele Kleinigkeiten Welten entfernt von schweizerischer Genauigkeit, Perfektheit. Ich habe noch keine Bushaltestelle mit Fahrplan gesehen (man kann ja fragen!). Am neueren Fährhafen ist nirgends ein Hinweis, wann die Fähre ablegen oder ankommen wird. Ein Bancomat kann funktionieren oder nicht, man versuche. Defekte Automaten werden vielleicht irgendwann repariert, aber sicher nicht mit einem entsprechenden Hinweis versehen. Ladenöffnungszeiten sind als vage Orientierungen zu verstehen, in beide Richtungen! Aber: Alle Nationalparks sind perfekt organisiert und ausgestattet.
Nur wenige WCs sind abschliessbar oder haben gar eine nicht-leere Papierrolle. Sobald ich eines gefunden habe, das Schloss, Papier UND Licht hat, werde ich das Foto davon veröffentlichen. Versprochen.

Herzliche Grüsse aus dem sommerlich-kühlen und stets windigen Patagonien

Lukas und Brigitte (und zur Zeit auch Franziska und Chrigi)

5 Kommentare:

  1. Der Fitz Roy ohne Wolken...geht doch! Andere schaffen das im ersten Anlauf ;-P

    Das Föteli mit dem Chräbeli ist genial!

    Isabelle

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  2. Ein Bier nach dem Namen meines Vaters?- Das will ich haben!
    regu

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  3. Das Kussfoto ist der Hammer!!!!!! :-)
    regu

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  4. Hallo Zusammen Ihr lasst es euch aber gut gehen.Ich freue mich für euch, dass ihr so viel spannende Sachen erleben könnt. Ich feue mich immer auf die nächsten Erlebnisse von euch. Ganz liebe Grüsse Rita

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  5. Hoi Brigitte, geniesse eure Reiseberichte sehr und fühle mich ein wenig wie vor 7 Jahren dort. Fantastico...Gruss auch von Virtu. Buen viaje Jutta

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