In dieser Gegend liessen wir uns viel Zeit |
Wir überwinden den Fährenfrust und wenden uns den Naturschönheiten westlich (Chile) und östlich (Argentinien) der Anden zu. Die Gegend nordöstlich von Puerto Montt ist übersät von Seen und Thermen. Da es hier gutes Landwirtschaftsland und entsprechend viele Estancien hat, gibt es der Zäune viele! Weil wir hier kein Land besitzen, müssen wir zusehen, wo wir unser Picknick auspacken wollen respektive können. Ein geöffnetes Gatter heisst noch lange nicht „willkommen“. Spätestens nach 30 Minuten präsentieren sich der Besitzer oder sein Verwalter mit Entourage bei unserem Auto und weisen uns mässig freundlich und sehr bestimmt weg. Diskussionen ausgeschlossen – auch wenn ich ein charmantes Spanisch anwende und ein Hohelied über Land und Leute anstimme. An der Bedeutung „Privatbesitz“ zu ritzen ist für die Chilenen offenbar ein Kapitalverbrechen. Nun wissen wir’s und richten uns danach und suchen jeweils einen Campingplatz (wenn’s ihn gibt) oder schlafen in den Dörfern, wo’s eben öffentliche Plätze gibt.
Obwohl der Vulkan Puyehue auf der chilenischen Seite relativ wenig zerstörte, sieht man ihn weiterhin wild rauchend weiteren Staub nach Argentinien blasen.
rauchender Puyehue |
Aber auch auf der chilenischen Seite richtete er Schaden an. Wir besichtigen einen Wasserfall, der vorher klares, aber heute schlammiges, sandiges Gewässer führt. Uns faszinieren die grossen Lavabrocken, die leicht im Gewicht sind und wahrhaftig auf dem Wasser schwimmen.
Chäibe Blöffer! |
Das Werfen geht nämlich sehr leicht |
Der Stein ist so leicht, dass er sogar schwimmt
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Sonntagmittag-Beiz
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Immer wieder faszinieren mich die Familien, die sonntags raus fahren, picknicken, die Natur geniessen, schwimmen, paddeln. Immer gut gelaunt und fröhlich – auch wenn man vorher zu acht im Pickup wie Sardinen transportiert wurde. Die Männer hacken mit Äxten Holz für das Feuer und dann wird gebraten und gefressen bis in den späten Abend hinein. Am Sonntagabend können wir jeweils sicher sein, als Einzige den Platz zum Übernachten zur Verfügung zu haben. Die Chilenen lieben den Kontakt. Einige wenige haben die Deutsche Schule besucht und sprechen noch nach Jahren beneidenswert gut Deutsch. Sie freuen sich über Besucher aus Europa, wenden gerne ihre Deutschkenntnisse an und geben uns gute Tipps.
Wegen der ruhenden Fähre suchen wir also eine neue Route. Wir entschliessen uns für eine kleine (70 km) Piste über einen Berg, an deren Verlauf mehrere Thermen liegen. Am Ende der Piste sollten wir auf die Strasse stossen, welche zum Nationalpark Lanin (mit Vulkan Lanin) und zur argentinischen Grenze führt. Start in Coñaripe am Lago Calafquen. Wir fahren hoch zu der 15 km entfernten Therme Geométrica. Reger Verkehr und miserable Piste erfordern mehr als eine Stunde für den Weg. Die Therme wurde vor wenigen Jahren von einem Stararchitekten gestaltet. Rote Stege führen durch eine Schlucht. Entlang dieser Stege hat es verschiedene Naturbecken mit Wasser im Temperaturbereich von 36 bis 40°, umgeben von Urwald, Riesenrhabarber, Farnen, Fuchsien, Bambus – ein Traum! Über die ganze Schlucht sind Kabinen verteilt, sodass sich nicht die ganze Meute am gleichen Ort umziehen muss. Toll gemacht, Eintritt pro Person 32 Fr. (ohne Dusche, ohne Fön – also sehr rustikal und naturnah).
Terma Geométrica
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Wenn alles gut geht, macht es immer wieder Spass |
Der neue Umweg führt uns über Villarrica und Pucon. Pucon ist der Ausgangspunkt zur Besteigung des Vulkanes Villarrica. Beide Orte sind extrem auf Tourismus ausgerichtet. Darum Weiterfahrt zur chilenischen Grenze. Ich habe die Wette eigentlich nicht gewonnen; aber Lukas hat sie noch mehr verloren: Er meinte, in 35 Minuten seien die Grenzen passiert. Ich lag bei 60 Minuten. Nach 3 (d-r-e-i) aufreibenden Stunden und 3 Zwiebeln weniger sind wir endlich in Argentinien. Aber wir werden gleich mit einer Fahrt durch die Araukarienwälder des Nationalparkes Lanin belohnt. Den Vulkan selbst sehen wir leider nicht; Wolken verwehren den Anblick. In Argentinien prägen sofort wieder Steppe, Weite, Grosszügigkeit das Landschaftsbild. Die Faszination ist wieder da. Die Zäune sind nicht mehr buchstäblich lückenlos, übernachten ohne Camping ist wieder möglich!
Araukarienwald |
Nach einer Einkaufs- und Wäschepause (arbeiten!) in Junín de los Andes fahren wir nach San Martín de los Andes, einer der schönsten Touristendörfer (Chaletstil) Argentiniens. Die Region ist vor allem aufs Skifahren, aber auch auf Sport allgemein ausgerichtet. Die Region ist das Bikerparadies! Klar, dass es auf den Pisten auch Autoverkehr hat, aber am Vormittag sind die Argentinier noch schlafend und wir Schweizer unterwegs. Entlang an Seen, dann zu Fuss zu einer Therme – heisses Wasser und sehr naturnah, d.h. nichts ausgebaut, gar keine Infrastruktur – einfach so im Wald!
Ein anderes Mal geht’s mit dem Auto auf etwa 1000 m – die Piste führt schlussendlich wieder über einen Pass nach Chile (da gibt es wirklich viele kleine Übergänge!). Wir campieren an einer Lagune und biken dann chilewärts. Plötzlich stehen wir inmitten eines vor 400 Jahren entstandenen Lavastroms. Klar können wir auch gleich zum Verursacher, dem Vulkan Achen Niyeu, aufblicken. Auch dieser sieht ganz ausgefranst und staubig aus. Faszinierend, wie langsam zwischen den scharfkantigen Lavabrocken wieder Leben aufblüht! Was wohl alles darunter vergraben ist?
Weiter geht’s Richtung Pass (Lukas macht immer wieder Extratürli, um z. B. seine liegengebliebene Sonnenbrille oder sein Käppli zu holen) und mir geht so langsam die Energie aus. Mein Mann, er kann’s nicht lassen, er muss da rauf zum Pass. Kaum haben wir uns getrennt, merke ich, dass alles Flickzeug ich dabei habe und er nichts. Was macht der arme Kerl da oben, wenn ihm die Luft ausgeht ? Darum kehre ich nicht wie geplant zum Auto und Liegestuhl zurück, sondern warte, bis ein strahlender Lukas wieder zurückkehrt. Keine Panne, aber herrliche Blicke auf den Vulkan Lanin hat er erhascht.
Zurück in San Martin belohnen wir uns mit einer Forelle, gezwungenermassen im Restaurant, da Lukas immer noch erfolglos fischt. Da ist’s dann wie beim Fleisch – masslos gross!
Wir werden noch lange davon schwärmen!
Wir werden uns noch längere Zeit in dieser Gegend aufhalten. Einen kurzen, aber weiten Abstecher machen wir nach Buenos Aires. Eine Freundin bringt uns einige dringende Sachen aus der Schweiz mit (nein, kein Aromat, keine Servelats, kein Käse!). Unter anderem trat erst vor 2 Tagen unser Wassertankdeckel in den Streik, er kam nach dem Wasser einfüllen einfach nicht mehr mit uns. Wir werden die Fahrt in unser Programm integrieren und keinen Stress daraus machen. Auch auf eine weitere Fahrt durch die unendliche Pampa freuen wir uns.
Wir hoffen, dass Ihr alle gut zwäg seid und so richtig auf den Frühling plangt. Wir freuen uns auch immer wieder, von Euch zu hören.
Brigitte und Lukas