Sonntag, 11. März 2012

Grossstadt und Pampa

San Martin de los Andes - Neuquén - Bahia Blanca - 
Buenos Aires - Santa Rosa - Neuquén 




Den letzten Blog beendete Brigitte mit dem Forellenschmaus in San Martin. Den ganzen folgenden Tag verbringen wir in diesem Touristenort mit arbeiten. Das heisst, wir tun das, was viele zuhause in der Schweiz während der arbeitsfreien Zeit tun müssen: Lebensmittel, Wandersocken und Velohösli kaufen, e-Mails schreiben/beantworten, Banksachen regeln, einer guten Strassenkarte nachrennen, „Wohnung“ putzen, ...
Für die Fahrt in den nördlichen Teil des Nationalparks Lanin rechneten wir mit drei Stunden. Da aber die Strasse nur Naturbelag hat, nimmt die Fahrt den ganzen Tag in Anspruch. Die meiste Zeit führt die Strasse einem Flüsslein entlang, vorbei an seltsamen Felsformationen. Wir nehmen uns Zeit, Blattschneiderameisen zu beobachten, Blumen zu bestimmen, Felszeichnungen zu suchen. Und wenn die Fische wüssten, dass ich sehr bald zwei Bücher mit Anleitung zum erfolgreichen Fischen – in deutsch! - erhalten werde, wäre es ihnen kaum mehr so wohl!
                                


Im Nationalpark empfängt uns ein herrlicher, wegen heissen Quellen sehr warmer See. Ich staune, dass in dieser Einsamkeit der Camping bewartet ist. Und es ist einer der am besten gepflegten Campings bisher! Am warmherzigen und fröhlichen Lachen der Chefin haben die Zähne einen nicht zu übersehenden Anteil.
Die ganze Nacht regnet es, und der Morgen empfängt uns mit einem Himmel so blau, wie er sonst nur Ansichtskarten vorbehalten ist. Wir biken durch den regennassen dichten Wald: Sehr häufig ist zu entscheiden, ob wir mit vollem Garacho durch die sumpfigen tiefen Pfützen preschen oder in der Pfütze abzusteigen gezwungen sein wollen...

                                              





Während Brigitte bereits den Liegestuhl arbeiten lässt, will ich meinen Beinen den Rest geben: Ich habe eine pompöse Tafel mit einem Wanderweghinweis gesehen. Nach drei Kilometern sind noch auf Steinen hingemalte Hinweise zu erkennen, diese werden abgelöst durch sporadisch hingenagelte, farbig bemalte Konservenbüchsendeckel. Nach mehreren Weggabelungen muss ich erkennen, dass ich nicht mehr auf einem Wanderweg, sondern auf einer Autobahn für Schafe mich vorwärts kämpfe. Und die Schafsautobahn wird deklassiert zum Schafsweg, dann zum Schafspfad, wird sumpfig und sumpfiger. Und: Es gibt Brücklein, die nicht zum Biken bestimmt sind...





Die abendliche Wäsche für Mann und Material im See ist jedenfalls eine ungeheuerliche Wohltat für Mann und Material!

                          

Silvia und Evelyn Kientsch bringen uns einige nicht überlebenswichtige, aber doch sehr nützliche Dinge auf Buenos Aires (u. a. Bücher mit Anleitung zum Fischen!). Bestimmt brächte ein vielleicht funktionierender Kurierdienst uns die Sachen billiger als uns der 2 mal 1000 km lange Umweg kostet. Aber uns lockt auch das Wiedersehen mit Silvia und Evelyn. Also integrieren wir diese Strecke in unsere Reise und freuen uns auf das erneute Durchqueren der Pampa. Wir erleben weitere Facetten der Pampa: Gemüseanbaugebiete, dann stundenlang Mais und Soja, Soja und Mais. Und dann wird’s trocken: Uns beeindrucken die unendliche Weite, die Leere, das Nichts, die Hunderte von Kilometern langen Ebenen aufs neue tief.





     




Wie erging es den Siedlern vor 150 Jahren? Wie ergeht es den Menschen, die heute in dieser Einsamkeit ihre Lebensexistenz zu verdienen suchen? Wer fühlt sich in einem dieser erbärmlichen 100-Häuser-Orte wohl, in einem Ort, wo gar nichts ins Auge fällt, kein Reklameschild zuzwinkert, in einem Ort, der 200 km von der nächsten Besiedlung entfernt ist?

Aufs neue erkennen Brigitte und ich, dass wir keine Stadtmenschen sind: Wohl ist Buenos Aires eine moderne Stadt mit unzähligen Sehenswürdigkeiten. Wir flanierten auf den berühmten Strassen, besuchten ein weiteres „In-Quartier“, genossen eine Tangoshow. Aber ein ganz schönes Gefühl ist es auch, auf der Ausfallstrasse dieser Megapolis zu sein! Zurück geht’s zum Andenfuss, in die Berge mit Wanderwegen, mit Seen, mit lieblichen Bächen und vielleicht einem Kondor oben drauf!






Zwischen der Pampa und den Anden machen wir halt an einem kleinen Nationalpark. Er besteht aus einer Lagune mit Umschwung, ein wirkliches Vogelparadies. Wir erkunden uns beim Parkwächter, ob mit dem Velo der See zu umfahren sei. Er meint, 20 – 30 km, aber wir müssen uns beeilen, denn um 20 Uhr werde es dunkel. Hä? Es ist ja erst halb 3 Uhr? Feierlich überreicht er uns zwei Schlüssel, damit wir zwei abgeschlossene Gatter passieren können. Ob irgendwer auf der Welt, der Landbesitzer inbegriffen, weiss, was das Absperren von sehr schlechten Naturwegen durch kaum brauchbare Trockensteppe für einen Sinn macht?



Nicht das zeitweilige Aussetzen des Kühlschrankes, nicht die Vorstellung von handwarmem Bier oder zerlaufendem Anken lässt uns in Sta. Rosa einen Kühlschrankreparateur aufsuchen. Es ist wie beim Sprechen mit dem Parkranger: Wir versuchen unser Bücherspanisch ergänzen zu können zu brauchbarem Alltagsspanisch. Da sind grosse Unterschiede! Beispiele gefällig?


Ausdruck > Übersetzung gemäss Wörterbuch > Bedeutung im Alltags-Spanisch

Tres o cuatro cuadras mas
-> Drei oder vier Strassen weiter -> Sieben Strassen weiter


A las cuatro -> Um vier Uhr -> Irgendwann nach 4 Uhr

Das ist kein Problem > Da komm ich nicht draus ->No es una problema ->


Aha, claro -> Ja, natürlich -> Keine Ahnung


Veinte a trenta kilòmetros -> Zwanzig bis dreissig Kilometer -> 38 Kilometer




La calidad de la ruta es normal -> Die Strasse ist in rechtem Zustand -> Die Strasse ist hundslausig, zum Biken bedingt brauchbar

Hay tres perros malos -> Es hat drei böse Hunde -> Drei verfluchte Scheissköter werden Euch nachrennen

No -> Nein -> Leider gibt’s zur Zeit keinen Diesel



Una cerveza, por favor -> Ein Bier, bitte -> Ein Liter Bier, bitte



Privado -> Privat -> Durchgang absolut und strengstens verboten



Girar al mano derecho -> Rechts abbiegen -> Links oder rechts abbiegen


Nebst diesem Alltagsspanisch lernen wir aber auch, dass der Argentinier im allgemeinen sehr freundlich und hilfsbereit ist.




Ganz herzliche Grüsse an alle!
Lukas und Brigitte


(Weitere Fotos wie gewohnt im Fotolink unter dem gleichen Titel)

4 Kommentare:

  1. Hallo ihr zwei. Vielen Dank für euren tollen Bilder. Ach so schön sollte man es haben und so lange Ferien zu geniessen. Bei uns macht sich langsam der Frühling breit und die ersten Blumen gucken aus dem Boden. Die Sonne wärmt und zwischendurch auch schon wieder auf.
    Liebe Grüsse Rita aus Eschenbach

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  2. Ihr macht beim Tango gar keine schlechte Falle! ^^

    Isabelle

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  3. Letzte Nacht habe ich geträumt das ich Euch besuche. Und als ich aufgewacht bin lag ich in meinem Bett in Zürich- war schon etwas enttäuscht!
    Danke für den Blog- es sit immer wieder eine Freude!!!!!
    regu

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    1. Bleib dran beim Träumen! Wer weiss, vielleicht besuchst du uns wirklich mal. Vorerst helfen die gedeihenden Blumen über die Trennung hinweg. Aber uns freut's dass du von uns träumst.
      Sei herzlich umarmt.
      the oldies

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