Sonntag, 10. März 2013

Länderhüpfen

Granada (Nicaragua) – Managua – Leòn – Honduras - San Salvador – Quiriguà – Tikal – Belize City – Tulum - Cancun






















Die mittelamerikanischen Länder sind verhältnismässig klein, von einzelnen hört man betreffs Sicherheit nicht nur köstliches, unser Flieger nach Kuba startet im Südosten Mexikos am 11. März – das alles hat zur Folge, dass wir Nicaragua, Honduras, El Salvador, Guatemala und Belize nicht mit der uns normalerweise gegönnten Musse erleben können. Wir werden zu Rosinenpicker am Wegrand, zu Grenzgängerprofis, erhalten von den Ländern nur einen groben, sehr subjektiven ersten Eindruck. Wertvoll und unvergesslich bleiben immer die Begegnungen mit Menschen. Dank meiner guten Spanischlehrerin – sie ist auch meine Ehefrau – kann ich mittlerweile auch ohne ihre stete Hilfe mehr als nur nach dem Preis fragen.










Brigitte an der harten Grenzarbeit - sie
 besteht vor allem aus Wartenschrift hinzufügen




In einem untouristischen Städtchen stellen wir unser Auto zum Übernachten zwischen ein paar konfiszierte Unfallautos auf dem kleinen Parkplatz vor der Polizeistation. Anstandshalber fragen wir eine Polizistin, ob das ok ist. Sie führt uns zu ihrem Vorgesetzten, dieser getraut sich aber auch nicht zu entscheiden. Er will sich bei seinem Vorgesetzten absichern. Dieser will zuerst unsere Papiere sehen – Pass, Autoeinfuhr, Migration, Fahrausweis, ganzer Stapel. Obwohl alles in Ordnung ist, kommt er zum Schluss, dass es für die Polizei ein Sicherheitsrisiko sei, wenn fremde Personen auf einem der Polizei gehörenden Parkplatz weilen. 
Merke: Ein Entscheid eines ranghohen Polizisten ist nicht verhandelbar.

Im gleichen Städtchen stellt sich uns eine Frau als Schweizerin aus der Romandie vor (das auf dem Auto klebende weisse Kreuz dient also nicht nur dazu, uns als Ambulanzfahrzeug zu bevorzugen!). Wir laden sie und ihren herbeigerufenen Ehemann zu Kaffee und so ein. Seit drei Jahren arbeiten sie hier für eine Schweizer Entwicklungshilfe-Organisation und bauten eine Institution auf, die es arbeitenden Kindern und Jugendlichen ermöglicht, nebst ihrer Berufstätigkeit (Kaffeepflückerin, Schuhputzer, Busfahrer-Assisitent, Markt-Verkäuferin) eine gute Ausbildung zu erhalten. Kinderarbeit sei leider absolut nötig, sind doch in 80% der Familien die Frauen alleinerziehend und auf einen Zusatzverdienst der Kinder angewiesen. Die Jungen, welche ihre angebotene Ausbildung freiwillig und gern mitmachen, hätten eine hohe Chance, aus den Billigstlohn-Beschäftigungen herauszukommen. Wir glauben dem Ehepaar, werden wir doch anschliessend an das Gespräch erstaunlich professionell von jungen Mädchen interviewt. Sie dürfen bezahlt für eine lokale Fernsehstation arbeiten. Merke: Es gibt sinnvollere und machbarere Alternativen zu „verbieten“, und: Wer in der Schweiz 62 Jahre lang nicht im Fernsehen auftreten konnte, schafft das jedoch in Nicaragua!

Interview fürs Fernsehen - jeder spanisch gegaxte  Satz
 erfordert viel Schweiss








In einem Städchen nahe der honduranischen Grenze – wir haben soeben das Dörfchen mit dem höchst sympatischen Namen „San Lucas“ besucht – finden wir einfach keinen geeigneten Übernachtungsplatz, nicht einmal die Tankstelle will uns. Auf einem grossen Naturplatz stehen ein alter Lastwagen, ein Schulbus (wahrscheinlich der Grossvater vom Lastwagen) und ein kleines Restaurant. Der Besitzer tauscht Fr. 2.50 gegen eine Standbewilligung, inkl herrliche Freiluftdusche und unzumutbarem WC.
Viel Aufwand für eine Dusche - aber
der Strahl ist perfekt!








Er bietet mir nebst dem Restaurant (es gibt „alles!“) auch die Dienste seiner Reparaturwerkstatt an. Es werde „alles“ repariert und er sei Elektroingenieur, spezialisiert auf Sonnenenergie. Sofort prüfe ich seine Selbstdarstellung: ich bräuchte dringend zwei Gel-Batterien, und nirgends finde ich solche. Ich traue meinen Ohren nicht, als er mir anerbietet, in 1 1/2 Stunden zwei solche zu beschaffen. Und ich traue meinen Augen nicht, als sie 90 Minuten – mit einer schweizerischen Uhr gemessen! - auch da sind. (Der günstige Preis lässt mich verkraften, dass es nicht eine Gel-, sondern nur eine Gel-ähnliche Batterie ist). Seit jener nächtlichen Einbau-Aktion können wir wieder ungehemmt Licht und Kühlschrank benützen. 
Merke: Fahre auf der Suche nach einem raren Artikel nicht verzweifelt in einer Grossstadt herum, sondern warte, bis die Stunde gekommen ist.

Auch beim honduranischen Grenzübergang nehmen wir die Dienste eines Helfers (auch Schlepper genannt) in Anspruch. Er verspricht, in 10 Min alles erledigt zu haben – für 10US$ zusätzlich zu seinem Trinkgeld. Brigitte protestiert, sie wolle nichts Illegales. Der Schlepper lacht: „Das ist nicht illegal, sondern beschleunigt bloss die Abläufe!“ Tatsächlich kommt er nach weniger als der versprochenen Zeit mit allen nötigen Stempeln zurück – uns brauchte es gar nicht! Und dann erleben wir noch eine Live-Vorführung: Ein Zollbeamter kontrolliert den Inhalt des Cämperlis. Nach dem dritten geöffneten Kästli streckt der Schlepper dem Beamten zwei A4-Blätter mit einer herauslugenden 5$-Note entgegen und sagt ungeduldig: „Schnelle Variante bitte“. Augenblicklich verlässt der Zöllner das Auto. Merke: Je nach Ort bekommt man für 5$ Servelats und Brot oder etwas Öl fürs klemmende Bürokratie-Getriebe.
Jeder Schlepper hat eine selbst gebastelte
Legitimationskarte - und zeigt stolz sein Werk







Bei der Ausreise von El Salvador erschrecke ich fast: Ein Beamter kommt zu mir, nimmt das verlangte Papier, behandelt es im Büro und bringt es mir wieder! Man stelle sich vor: Der Beamte macht den Weg und nicht der Grenzgänger! Merke: Mit einer unerwarteten Freundlichkeit kannst Du Ausländer nachhaltigst beeindrucken.

Natürlich nahmen wir uns die Zeit, in Guatemala die Maya-Kultstätte Tikal zu besuchen. Mitten im Urwald hat es viele mit Pyramiden zu vergleichende Türme. Die meisten Maya-Gebäude leiden an Zerfall wie das Gebiss eines 90jährigen guatemaltekischen Mütterleins.. Vor lauter geschichtlichen Fakten steht im Führer nichts über den faszinierenden Urwald, über die umwerfende Sicht über das grüne Baummeer von einem der Türme, über den bestehenden Wanderweg. 
Merke: Auch neben archäologischen Sehenswürdigkeiten gibt's Sehenswertes.







Belize kommt uns wie eine Insel vor. Wer weiss schon, wo dieses Land überhaupt ist? Und wer ist sich bewusst, dass dort englisch gesprochen wird? Dass ein Grossteil der Leute schwarz ist? Und dass dort alles noch entspannter zugeht als in den mittelamerikanischen Ländern? Noch einen Gang zurückschalten fiel uns nicht so schwer. Aber von der Fremdsprache spanisch plötzlich auf englisch umzustellen, fiel mir überraschenderweise gar nicht so einfach. Und der Akzent der Belizer gleicht schon eher einem Fass Teer als einem sprudelnden Bächlein. Die vorwiegend hölzernen Behausungen stehen häufig auf Stelzen. Die Bevölkerungsdichte ist 20 Mal kleiner als diejenige der Schweiz. Und Kirchen hat's offenbar für wirklich jede Glaubensvariante! Ein Einheimischer bemerkte, eine richtige Strasse habe einen Futterladen, ein Gesundheitslädeli und eine eigene Kirche...


Unerwarteterweise fühlen wir uns in Mexiko schon fast wieder wie zu Hause. Der erste Eindruck ist der eines geordneten, sauberen Landes. Wir steuern den gemäss Tages-Anzeiger (Tagesanzeiger) weltweit zweitschönsten Strand in Tulum an. Nebst pulverfeinem Sand und einer Badewanne bis an den Horizont gibt es erst noch Maya-Überreste. Um das Salz wieder loszuwerden, können wir in einer Cenote baden. Das sind kreisrunde (Durchmesser einige hundert Meter), sehr tiefe Löcher im Kalkboden, gefüllt mit lauwarmem Wasser in Trinkqualität.
Da ist es jemandem uhuere wohl




Himmel und Erde verschmelzen

Was ist ein Reisebericht ohne Wetterangaben? Also: Im mittleren und nördlichen Südamerika erwischten wir die Trockenzeit. Stahlblauer Himmel mit kalten Nächten war die ungebrochene Regel. Jetzt lesen wir von Überschwemmungen, von weggespülten Strassen in Peru und Bolivien. Jetzt, wo wir in Zentralamerika sind, ist hier die Regenzeit vorbei. In der herrschenden Trockenzeit ist Regen praktisch auszuschliessen. Dafür ist die Vegetation ausserhalb der Wälder recht dürr. In Honduras und El Salvador hatten wir Tagestemperaturen weit über 30°, einmal erreichte sie gar unübertriebene 40°!
Seit dem östlichen Guatemala, in Belize und jetzt in Mexiko ist ein sechs Tage dauernder sehr unüblicher Kälteeinbruch: Am Tag nur zwischen 25 und 30°, des Nachts brauchen wir sogar eine leichte Decke! Aber wir wollen nicht klagen...
Jetzt suchen wir ein Plätzli, wo unser Cämperli ungestört ausruhen kann, während wir uns mit Isabelle in Kuba treffen. Und sicher werden wir uns entscheiden können, welcher der vielen Dutzend Karibikstrände um Cancun uns die drei Tage bis zum Abflug am dienlichsten ist.


Der Arzt rät, immer genug zu trinken...


...und ich bin ein besonders
folgsamer Patient











Ihr geht jetzt Schneeglöggli und Krokusse suchen, wir bemühen uns um ein Bsüechli bei Fidel.

Liebe Grüsse!
Lukas und Brigitte










6 Kommentare:

  1. Hola! Ich hoffe sehr, dass ihr einen dienlichen Strand gefunden habt, auf eine "ausreichende und regelmässige Flüssigkeitszufuhr" achtet und nicht so einfach aus dem ruhigen Gang fliegt - way to go! Grüsst mir Fidel und vor allem Eibel, ich streichle dafür ein Maiglöggli. Ah ja, und bitte nehmt die schönen Diätpillen vom Blogg :)
    ganz lieber Gruss
    Franziska

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  2. Und wem soll der Vogel gleichen, ich tippe auf Busch ??

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  3. You better belize ist! An manchen Orten von Eurem Blog war ich auch!!! Belize fand ich unglaublich schön, Guatemala natürlich auch.
    Ich musste ein paar mal laut lachen beim Blog und den Fotos. Wunderbar!

    Viel Spass mit Eibel
    regula

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  4. Hallo zusammen
    Es wird mir schon zu einer Gewohnheit am Sonntagmorgen euren Blog zu lesen und mich an den herrlichen Fotos zu erfreuen. Ja bei uns wechselt sich Winter und Frühling dauernd ab. Es ist immer noch zwischendurch recht kalt und es schneit auch immer wieder. Aber sicher bald wird uns der Frühling auch etwas Farbe und Wärme bringen. Ganz liebe Grüsse aus der Innerschweiz
    Rita und Peter

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  5. Lieber Götti... immer schön das Ränzli einziehen fürs Foto beim Kreuz oben rechts! Ich glaube och sollte euren Blog künftig nicht mehr anschauen - unheimliches Fernweh und enorme Reiselust hindern mich am arbeiten :-). HERZliche Grüsse aus Bern, Stefanie

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