Mittwoch, 13. Februar 2013

Von Panamà nach Costa Rica




Panamá – Santa Clara – Strand Las Lajas – Boquete – Grenze Costa Rica - Halbinsel Osa






















Während des Stempel- und Schalter-Hürden-Orientierungslauf im Hafen Colón in Panamá stellt es mir hie und da ob der Effizienz und Logik der Abläufe die Nackenhaare auf. Aber das mehrfach geordnete, gebostichte, dann kontrollierte, wieder auseinandergenommene und ergänzte, neu gebostichte und kontrollierte, nochmals auseinandergenommen und neu geordnete und gebostichte, schlussendlich auf jeder Seite wuchtig endgestempelt und liebevoll mit schwungvollen Unterschriften verzierte Formularbündel musste ich respektvoll behandeln, wurde es doch unterwegs zweimal von Polizeikontrollen verlangt, kontrolliert und – für in Ordnung befunden!! Aber bis ich aus dem Hafen entlassen wurde, fühlte ich mich vermutlich wie ein panamesischer Hund.






Am Stadtrand von Panamá-City, beim Yacht Club, retablierten wir: Die Futtervorräte werden aufgestockt, die Mägen befriedigt
und der Schaden an der Lenkung – das Cämperli wurde auf dem Rack allzu gewaltig festgezurrt – behoben.Und am Sonntag kamen wir in den Genuss einer sportlichen Veranstaltung. Ja, einem Ironman-Wettkampf zuzuschauen ist angenehmer als selber teilzunehmen bei Temperaturen, bei denen schon der blosse Gedanke an körperliche Anstrengung lästig ist.









Nach dem ersten herrlichen Strandtag in Panamá bestärkt uns eine Werbetafel am Strassenrand im Entschluss, auch den Strand von Las Lajas aufzusuchen. „Sie wollen ins Paradies? Es ist in Las Lajas“. Wie schön, wenn eine Werbung nicht übertreibt! Der schwarzsandige Strand ist unendlich gross und praktisch menschenleer. Dass die Bambushütten nicht ganz so sauber sind wie unser Merzli kurz vor einer unumgänglichen Grossreinigung, stört uns nicht, wir führen unser Hotel ja mit uns. Lange spielen wir mit den Wellen, müssen aber hie und da aus dem warmen Pazifik steigen, um uns abzukühlen...



Abkühlen? Ein gutes Stichwort! Das touristische Boquete liegt auf deutlich über 1000 müM. Um den fast dreieinhalb tausend Meter hohen Vulkan zu besteigen, können wir mt dem Auto in einem grausam steilen „Bachbett“ bis auf 2300m hochfahren. Die Temperatur ist abends noch 10° und verspricht vor dem Gewaltsmarsch einen erfrischenden Schlaf. Aber genau zwischen Tag und Traum klopft jemand zaghaft ans Auto. Abends nach 10 Uhr, in dieser sehr abgelegenen Gegend? Durchs wenig geöffnete Fenster spreche ich mit einem jungen Mann. Trotz rabenschwarzer Nacht sagt mir sein Gesichtsausdruck, seine gehauchten Bitten, dass er eher ein Hilfesuchender als ein Krimineller ist. Also öffne ich ihm die Türe und lege den Pfefferspray diskret weg. Um einen Pullover, um Wasser, einen Teller Teigwaren und zwei Beckeli voll Kaffee lässt er uns nicht zweimal fragen. Er heisse Angelo. Und er komme vom Himmel. Aha, nach dem Paradies am Strand bekommen wir nun Besuch von einem himmlischen Engel. Weitere Auskünfte kann oder will uns der völlig verwirrte, unterkühlte, ausgetrocknete Angelo nicht geben. Er bittet uns weinend, ihn ins Spital zu fahren.

Aber eine Nachtfahrt zwischen den Bollensteinen hindurch kann ich weder mir noch dem Auto zumuten. Also betten wir unseren Engel auf ein Mätteli am Boden. In die dickste Decke eingemummt, schläft Angelo wie ein Engel muckslos bis am Morgen durch. Allerdings ängstigt mich seine extreme Ruhe, und ich vergewissere mich zweimal, dass er sich nicht Richtung Himmel verabschiedet hat.
Da unser Gast auch nach dem Frühstück völlig verwirrt ist und immer wieder in Weinen ausbricht, auch nach Fangfragen nichts über sich preisgeben kann, fahren wir ins Dorf ins Spital. Er wird dort liebevoll und professionell aufgenommen und untersucht.












Wir ersetzen die strenge Vulkanbesteigung durch einen gemütlichen Wanderweg. Wegweiser scheinen auch hier strengstens verboten zu sein. Die eine Gabelung des Weges endet vor einem mit Kette geschlossenen Gatter plus „privado-Tafel“, die andere an einem unscheinbaren „kein Durchgang“-Täfeli, es ist aber mit vier giftig kläffenden Hunden verstärkt.


Abends treffen wir unsere Reisefreunde Brigitte und Franz wieder. Wir trinken nicht nur Bier mit ihnen, sondern beschliessen, morgen zusammen einen Teil des bekanntesten Wanderweges Quetzal durch ursprünglichen Regenwald zu gehen. Einige Stichworte dazu: Abwechselnd lieblich und wild, teilweise sehr steil, Flüssli queren, angenehm warm, aber nicht heiss, moosig, Lianen, Farnbäume, kaum Insekten.

Bevor wir Boquete verlassen, erkunden wir uns im Spital nach Angelo: Der 19jährige ist wieder bei seiner Familie. Er hat psychische Probleme, verirrte sich bei einer Solo-Wanderung, fand uns nach zwei Tagen und einer Nacht nach dem Überqueren des Vulkans und ist dringend auf seine Medikamente angewiesen. Ausserhalb seiner Eskapaden heisst er Juan-Pierre.
Wir geniessen eine Autofahrt auf guten, schmalen Bergstrassen und suchen dann einen als sehenswert beschriebenen Strand. Da unser Navigationsgerät hier nicht funktioniert, Schilder weiterhin nur für Werbezwecke zugelassen zu sein scheinen, fragen wir eine Señora nach dem Weg. Da wir ihren Wortschwall schlecht verstehen, anerbietet sie sich sofort, mit uns zu fahren, da ihr Zuhause am Weg liege. Es war nicht gerade eine win-win-Situation, da diese Dame dem Grundsatz „alle Wege führen nach Rom“ nachlebt. Von Effretikon kommt man doch auch über Winterthur nach Fehraltorf, oder?

Von den drei Grenzübergängen nach Costa Rica suchen wir uns den kleinsten, am wenigsten frequentierten aus. Es wurde uns versichert, dass er europäische Autos abfertige. Wir fragen uns zum Zollbüro durch – nicht nur Strassenschilder, auch Schilder an Häusern scheinen verboten zu sein – und könnten von diesem abgefertigt werden. Franz und seine Brigitte sind Stunden vor uns angekommen und bürokratisch bereits aus Panamá ausgereist. Abends um 6 Uhr komme eine Beamtin vom andern Grenzübergang und bringe die nötigen Einreisestempel mit. Aber die obligatorische Haftpflichtversicherung, welche im Konsum nebenan zu kaufen ist, ist nur montags bis freitags zu haben. Heute ist Samstag...

Eine Perle Costa Ricas sei die Halbinsel Osa.. Die Hälfte ist Nationalpark mit ursprünglichem Regenwald, gesäumt von sandigem Strand. Wir haben Glück, erfahren wir doch noch rechtzeitig vor der mehrstündigen Fahrt über schlechte Schotterpiste zum Parkeingang, dass die Eintrittserlaubnis vorher zu besorgen sei. Täusche ich mich, dass ich im Gesicht des Parkwächters ein leichtes Erstaunen erkenne, dass wir das nötige Papier vorweisen können?

Der Park beschert uns eine stündige Strandwanderung bei Tagesanbruch mit Formationsflügen von Wasservögeln und dann einen schönen Pfad durch den Regenwald. Wir bestaunen kreischende Riesenpapageien, Baumriesen mit gewaltigen Brettwurzeln, Spinnen, wilde Banane Wachsen.nstauden, chrampfende Blattschneiderameisen, den vielstimmigen Urwaldsound, Termitennester. Ich bewundere die herrschende atemberaubende Hast beim Wachsen. Nach oben, zum Licht, das ist die alles beherrschende Devise. Ein überreifer Kopfsalat in der Schweiz würde als Schecke eingestuft. Leider ist die Anweisung übers Verhalten gegenüber einem Puma für uns nicht nötig. Und die stündige Strandwanderung zurück bei unsäglicher Hitze und Windstille ist auch ein bleibendes Erlebnis.





















Jetzt sind wir an einem wunderschönen Örtchen in der Wildnis und nehmen uns Zeit, diesen Blog zu schreiben. Einen Internetanschluss werden wir im nächsten Städtli schon finden.





Nicht selten sind unsere Gedanken bei Euch, bei Euch Freunden und Bekannten. In diesem Moment des Schreibens ganz besonders. Ein Gruss von Dir unter „Kommentar“ freut uns!


Zuerst aber: Ganz liebe Grüsse an Euch alle!

Lukas und Brigitte

(für weitere Fotos wie gewohnt ganz oben links bei "Fotos" klicken)


9 Kommentare:

  1. Hola chicos!
    Der Engel hat mich schon grad sehr gerührt; die Blüten und Viecher einmal mehr begeistert-mehr bitte! Habe heute dafür extra für euch ein besonders schönes Bögli im Pulverschnee des Simmentals gemacht.
    Haste la vista - Bäbä

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  2. Ich schliesse mich an Frust an, ausser das mit den Böglis. Ist nämlich auch schon wieder einige Wichen her als ich auf dem Brett stand.
    Der Arme Engel hatte Glück das er auf Euch gestossen ist und ihr ihn aufgenommen habt und nicht dachtet, dass er böses will.

    glg
    regu

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  3. Armer Angelo, bin froh dass ihr im aufgemacht habt und ihn ins Spital brachtet. Und noch froher bin ich dass ihr die Erfahrung "Spital in Panama" nicht selber vom Bett aus erleben musstet.
    Psychisch Kranke haben es in ärmeren(?) Umständen bestimmt nicht weniger schwer als eh schon.

    Hasta Pronto!
    Isabelle

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  4. Bernadette und Godi19. Februar 2013 um 23:10

    Hallo Ihr Lieben,
    Vielen Dank für eueren schönen intressanten Bericht! Immer wieder freut es uns was von Euch zu lesen
    Schön, barmherzige Samariter sind immer und überall gesucht! schön dass ihr diesem jungen Mann helfen konnten.
    Wir wünschen Euch weiterhin eine gute und unfallfreie Fahrt, geniesst die schöne und sicher unvergessliche Zeit
    Liebe Grüsse aus dem immer noch winterlichen Wil
    Bernadette und Godi

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  5. Hallo zusammen
    Mit grosser Begeisterung habe ich euren Bericht gelesen. Wollte eigentlich wieder einmal etwas mehr schreiben, aber muss dringend etwas anderes erledigen. Liebe Grüsse Rita aus der kalten Innerschweiz

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  6. Hallo zämä!
    wir sind wie immer begeistert von euren Berichten und Fotos! Auch uns packt langsam aber sicher das Reisefieber. In einer guten Woche geht's los. Wir sind wirklich gespannt wie es uns gefällt. Ja, nach der Reise können wir schon mehr berichten. ich hoffe, wir können auch gute Fotos machen. Ebenso freuen wir uns auf wärmere Temperaturen. bei uns ist es noch sehr kalt und in den nächsten Tagen ist keine Besserung in Sicht. Nun wünschen wir euch einen gute Weiterfahrt hebet sorg!
    Viele liebe grüsse aus dem St.Gallerrheintal Charlie+esther

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  7. Hallo
    ist nur ein Versuch ein Kommentar zu schreiben. Hansruedi war bei uns und erzählte er konnte keinen Kommentar schreiben, Auch unsere Versuche sind am Freitag fehlgeschlagen.
    Gruss Rita

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  8. Ich bekomme Meldungen, dass Kommenteinträge vom System nicht angenommen werden. Ob es bei mir funktioniert?
    Lukas

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  9. Hoi er Liebe

    au ganz en herzleche Gruess.

    Ich bin Euch wirklich dankbar, dass ich gratis und franko immer wieder diese interessanten Reiseberichte von Euch zu lesen bekomme.

    Ich hoffe Ihr findet auch künftig Zeit dazu.

    Liebe Grüsse
    Martin Wernli us Fehraltorf

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